Urteil Nr. 16/2000 vom 2. Februar 2000 Geschäftsverzeichnisnummern 1816 und 1817 In Sachen: Klagen auf teilweise einstweilige Aufhebung der Artikel 10 und 11 des Gesetzes vom 25. März 1999 über die Re

Urteil Nr. 16/2000 vom 2. Februar 2000

Geschäftsverzeichnisnummern 1816 und 1817

In Sachen: Klagen auf teilweise einstweilige Aufhebung der Artikel 10 und 11 des Gesetzes vom 25. März 1999 über die Reform der Gerichtskantone, erhoben von der Gemeinde Sint-Pieters-Leeuw und anderen und von der Flämischen Regierung.

Der Schiedshof,

zusammengesetzt aus den Vorsitzenden G. De Baets und M. Melchior, und den Richtern H. Boel, L. François, P. Martens, J. Delruelle, E. Cerexhe, H. Coremans, A. Arts, R. Henneuse, M. Bossuyt und E. De Groot, unter Assistenz des Kanzlers L. Potoms, unter dem Vorsitz des Vorsitzenden G. De Baets,

verkündet nach Beratung folgendes Urteil:

  1. Gegenstand der Klagen

    Mit Klageschriften, die dem Hof mit am 22. November 1999 bei der Post aufgegebenen Einschreibebriefen zugesandt wurden und am 23. November 1999 in der Kanzlei eingegangen sind, wurde Klage auf einstweilige Aufhebung der Artikel 10 und 11 des Gesetzes vom 25. März 1999 über die Reform der Gerichtskantone (veröffentlicht im Belgischen Staatsblatt vom 22. Mai 1999) erhoben von

    - der Gemeinde Sint-Pieters-Leeuw, Pastorijstraat 21, 1600 Sint-Pieters-Leeuw, P. Collier, wohnhaft in 9500 Geraardsbergen, Edingsesteenweg 251, D. De Greef, wohnhaft in 1600 Sint-Pieters-Leeuw, Jan Vanderstraetenstraat 56, R.M. De Puydt, wohnhaft in 1700 Dilbeek, H. Moeremanslaan 2, L. Van Bever, wohnhaft in 1750 Lennik, Keurebeekveldlos 7, und H. Verbaanderd, wohnhaft in 1600 Sint-Pieters-Leeuw, Hemelrijkstraat 114;

    - der Flämischen Regierung, Martelaarsplein 19, 1000 Brüssel.

    Mit denselben Klageschriften beantragen die klagenden Parteien ebenfalls die teilweise Nichtigerklärung der vorgenannten Gesetzesbestimmungen.

    Diese Rechtssachen wurden unter den Nummern 1816 und 1817 ins Geschäftsverzeichnis des Hofes eingetragen.

  2. Verfahren

    Durch Anordnung vom 15. November 1999 hat der amtierende Vorsitzende gemäss den Artikeln 58 und 59 des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Schiedshof die Richter der Besetzung bestimmt.

    Die referierenden Richter haben Artikel 71 bzw. 72 des organisierenden Gesetzes im vorliegenden Fall nicht für anwendbar erachtet.

    Durch Anordnung vom 25. November 1999 hat der Hof die Rechtssachen verbunden.

    Durch Anordnung vom 2. Dezember 1999 hat der Vorsitzende G. De Baets die Rechtssachen dem vollzählig tagenden Hof vorgelegt.

    Durch Anordnung vom 2. Dezember 1999 hat der Hof den Sitzungstermin auf den 22. Dezember 1999 anberaumt, nachdem er die Behörden, die dem Verfahren beitreten möchten, aufgefordert hatte, ihre Bemerkungen in einem spätestens am Freitag, dem 17. Dezember 1999 einzureichenden Schriftsatz zu äussern.

    Die letztgenannte Anordnung wurde den in Artikel 76 des organisierenden Gesetzes genannten Behörden sowie den klagenden Parteien und deren Rechtsanwalt mit am 2. Dezember 1999 bei der Post aufgegebenen Einschreibebriefen notifiziert.

    Schriftsätze wurden eingereicht von

    - dem Ministerrat, Wetstraat 16, 1000 Brüssel, mit am 16. Dezember 1999 bei der Post aufgegebenem Einschreibebrief,

    - der Flämischen Regierung, mit am 17. Dezember 1999 bei der Post aufgegebenem Einschreibebrief.

    Auf der öffentlichen Sitzung vom 22. Dezember 1999

    - erschienen

    . RA P. Van Orshoven, in Brüssel zugelassen, für die klagenden Parteien,

    . RA P. Peeters und RA F. Van Nuffel, in Brüssel zugelassen, für den Ministerrat,

    - haben die referierenden Richter A. Arts und J. Delruelle Bericht erstattet,

    - wurden die vorgenannten Rechtsanwälte angehört,

    - wurden die Rechtssachen zur Beratung gestellt.

    Das Verfahren wurde gemäss den Artikeln 62 ff. des organisierenden Gesetzes, die sich auf den Sprachengebrauch vor dem Hof beziehen, geführt.

  3. In rechtlicher Beziehung

    - A -

    In Hinsicht auf den Gegenstand der Klagen auf einstweilige Aufhebung

    A.1. Die klagenden Parteien in der Rechtssache Nr. 1816 klagen auf Nichtigerklärung und einstweilige Aufhebung der Artikel 10 und 11 des Gesetzes vom 25. März 1999 über die Reform der Gerichtskantone, « insoweit diese Artikel bestimmen, dass der Friedensrichter oder ein stellvertretender Friedensrichter und der Chefgreffier des Gerichtskantons Herne-Sint-Pieters-Leeuw die Kenntnis der französischen Sprache nachweisen müssen ».

    In der Rechtssache Nr. 1817 beantragt die Flämische Regierung die Nichtigerklärung und die einstweilige Aufhebung der Artikel 10 und 11 des obengenannten Gesetzes « insoweit diese Artikel einerseits bestimmen, dass der Friedensrichter oder ein stellvertretender Friedensrichter und der Chefgreffier der Gerichtskantone Ath-Lessines und Enghien-Lens die Kenntnis der niederländischen Sprache nachweisen müssen, und andererseits, dass der Friedensrichter oder ein stellvertretender Friedensrichter und der Chefgreffier des zweiten Gerichtskantons Kortrijk, des zweiten Gerichtskantons Ypern-Poperinge und des Gerichtskantons Ronse und Herne-Sint-Pieters-Leeuw die Kenntnis der französischen Sprache nachweisen müssen ».

    In Hinsicht auf die Zulässigkeit der Klage auf Nichtigerklärung und der Klage auf einstweilige Aufhebung in der Rechtssache Nr. 1816

    A.2. Der Ministerrat führt an, dass die Gemeinde Sint-Pieters-Leeuw, erste klagende Partei in der Rechtssache Nr. 1816, nicht das rechtlich erforderte Interesse nachweise.

    Da nicht ersichtlich werde, wie die Situation der Gemeinde durch die angefochtenen Gesetzesbestimmungen direkt und ungünstig beeinflusst werden könnte, sei die Klageschrift auf Nichtigerklärung und einstweilige Aufhebung dem Ministerrat zufolge nicht zulässig, insoweit sie von der Gemeinde ausgehe.

    In Hinsicht auf den Ernst der Klagegründe

    Erster Klagegrund

    A.3.1. In einem ersten Klagegrund wird der Verstoss gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, sowohl allein als auch in Verbindung mit Artikel 30 der Verfassung angeführt, insoweit die angefochtenen Bestimmungen den Friedensrichter oder einen stellvertretenden Friedensrichter und den Chefgreffier der betreffenden Gerichtskantone - und somit auch die Anwärter auf diese Ämter - verpflichten würden, ihre Kenntnis der zweiten Landessprache nachzuweisen, was einerseits dazu führe, dass sie anders behandelt würden als die gleiche Kategorie von Personen in Gerichtskantonen, deren...

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