Auszug aus dem Urteil Nr. 2/2009 vom 15. Januar 2009 Geschäftsverzeichnisnrn. 4277 und 4278 In Sachen : Klagen auf Nichtigerklärung der Ordonnanz der Region Brüssel-Hauptstadt vom 1. März 2007 über d

Auszug aus dem Urteil Nr. 2/2009 vom 15. Januar 2009

Geschäftsverzeichnisnrn. 4277 und 4278

In Sachen : Klagen auf Nichtigerklärung der Ordonnanz der Region Brüssel-Hauptstadt vom 1. März 2007 über den Schutz der Umwelt vor den etwaigen schädlichen Auswirkungen und der Belästigung durch nichtionisierende Strahlungen, erhoben von der « Belgacom Mobile » AG und anderen und vom Ministerrat.

Der Verfassungsgerichtshof,

zusammengesetzt aus den Vorsitzenden M. Melchior und M. Bossuyt, und den Richtern P. Martens, R. Henneuse, E. De Groot, L. Lavrysen, A. Alen, J.-P. Snappe, J.-P. Moerman, E. Derycke, J. Spreutels und T. Merckx-Van Goey, unter Assistenz des Kanzlers P.-Y. Dutilleux, unter dem Vorsitz des Vorsitzenden M. Melchior,

verkündet nach Beratung folgendes Urteil:

  1. Gegenstand der Klagen und Verfahren

    1. Mit einer Klageschrift, die dem Hof mit am 23. August 2007 bei der Post aufgegebenem Einschreibebrief zugesandt wurde und am 24. August 2007 in der Kanzlei eingegangen ist, erhoben Klage auf Nichtigerklärung der Ordonnanz der Region Brüssel-Hauptstadt vom 1. März 2007 über den Schutz der Umwelt vor den etwaigen schädlichen Auswirkungen und der Belästigung durch nichtionisierende Strahlungen (veröffentlicht im Belgischen Staatsblatt vom 14. März 2007): die « Belgacom Mobile » AG, mit Gesellschaftssitz in 1210 Brüssel, rue du Progrès 55, die « Mobistar » AG, mit Gesellschaftssitz in 1140 Brüssel, rue Colonel Bourg 149, und die « Base » AG, mit Gesellschaftssitz in 1200 Brüssel, rue Neerveld 105.

    2. Mit einer Klageschrift, die dem Hof mit am 24. August 2007 bei der Post aufgegebenem Einschreibebrief zugesandt wurde und am 27. August 2007 in der Kanzlei eingegangen ist, erhob der Ministerrat Klage auf Nichtigerklärung derselben Ordonnanz der Region Brüssel-Hauptstadt, insbesondere ihrer Artikel 1, 2, 3, 6, 7, 9 und 10.

    Diese unter den Nummern 4277 und 4278 ins Geschäftsverzeichnis des Hofes eingetragenen Rechtssachen wurden verbunden.

    (...)

  2. In rechtlicher Beziehung

    (...)

    B.1. Die klagenden Parteien beantragen die Nichtigerklärung der Ordonnanz der Region Brüssel-Hauptstadt vom 1. März 2007 über den Schutz der Umwelt vor den etwaigen schädlichen Auswirkungen und der Belästigung durch nichtionisierende Strahlungen; der Ministerrat präzisiert, dass seine Klage sich insbesondere auf die Artikel 1, 2, 3, 6, 7, 9 und 10 der Ordonnanz beziehe.

    In Artikel 1 wird präzisiert, dass die Ordonnanz eine regionale Angelegenheit regelt.

    Artikel 2 bestimmt:

    Zur Anwendung dieser Ordonnanz und ihrer Ausführungserlasse sind unter nichtionisierenden Strahlungen elektromagnetische Strahlungen mit einer Frequenz zwischen 0,1 MHz und 300 GHz zu verstehen.

    Diese Ordonnanz gilt nicht für nichtionisierende Strahlungen natürlichen Ursprungs und ebenfalls nicht für diejenigen, die von privat genutzten Geräten ausgehen, wie insbesondere Mobiltelefone, örtliche WiFi-Netze von Privatpersonen, Telefonsysteme des Typs DECT.

    Aus dem Anwendungsbereich der Ordonnanz sind ebenfalls nichtpulsierende Strahlungen ausgeschlossen, die abgegeben werden zur Ausstrahlung von

    - Hörfunksendungen mit Frequenzen zwischen 87,5 und 108,0 kHz, zwischen 153 und 261 kHz und zwischen 531 und 1602 kHz,

    - oder Fernsehsendungen mit Frequenzen zwischen 174 und 223 MHz und zwischen 470 und 830 MHz

    .

    Artikel 3 bestimmt:

    Die Regierung legt die allgemeinen Qualitätsnormen fest, die jedes Umfeld erfüllen muss, um den Schutz der Umwelt vor den etwaigen schädlichen Auswirkungen und der Belästigung durch nichtionisierende Strahlungen zu gewährleisten.

    In allen öffentlich zugänglichen Bereichen darf die Leistungsdichte der nichtionisierenden Strahlungen zu keinem Zeitpunkt die Norm von 0,024 W/m2 (das heisst zur Information 3 V/m) bei einer Frequenz von 900 MHz überschreiten, dies für nichtionisierende Strahlungen, deren Frequenzen zwischen 400 MHz und 2 GHz liegen.

    Die Leistungsdichte der nichtionisierenden Strahlungen darf also zu keinem Zeitpunkt einen Höchstwert überschreiten von:

    - 0,01 W/m2 bei Frequenzen zwischen 0,1 MHz und 400 MHz;

    - f/40.000, ausgedrückt in W/m2, zwischen 400 MHz und 2 GHz (wobei f die in MHz ausgedrückte Frequenz darstellt);

    - 0,05 W/m2 bei Frequenzen zwischen 2 GHz und 300 GHz.

    Für zusammengesetzte Felder muss die Leistungsdichte begrenzt werden auf:

    300 GHz

    sigma Si/Sii <= 1

    0,1 MHz

    Wobei S die Leistungsdichte des elektrischen Feldes mit einer Frequenz i zwischen 0,1 MHz und 300 GHz und Sii der Wert der maximalen Leistungsdichte ist, ausgedrückt in W/m2 und gemäss der Definition von Absatz 3 dieses Artikels

    .

    Artikel 4 erlegt den Betreibern von Anlagen, die nichtionisierende Strahlungen erzeugen oder übertragen können, eine doppelte Informationspflicht auf und präzisiert deren Umfang.

    Artikel 5 bestimmt:

    Die Regierung legt im Rahmen ihrer Zuständigkeiten die Betriebsbedingungen für Anlagen fest, die nichtionisierende Strahlungen erzeugen, übertragen oder empfangen können.

    Die in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen legen insbesondere für jeden Bereich die Zahl und die Intensität der Quellen nichtionisierender Strahlungen fest unter Berücksichtigung der Merkmale des Bereichs

    .

    Artikel 6 erteilt dem für die Umwelt zuständigen Regionalminister den Auftrag, die diesbezüglichen regionalen Vorschriften zu harmonisieren.

    Die Regionalregierung ist ermächtigt, die allgemeinen Mindestnormen oder -bedingungen festzulegen für Personen, Laboratorien und Einrichtungen, die auf wissenschaftlicher Ebene an der durch die Ordonnanz geregelten Angelegenheit beteiligt sein können (Artikel 7), sowie ein Kataster der Sender zu aktualisieren und zu veröffentlichen (Artikel 8).

    Artikel 9 stuft die Nichteinhaltung der Ordonnanz und ihrer Ausführungserlasse als Straftaten ein und legt die anwendbaren Strafen fest; Artikel 10 enthält seinerseits die Verwaltungsstrafen.

    Die Artikel 11, 12 und 13 schliesslich enthalten verschiedene Bestimmungen über die Aufhebung, die Kodifizierung und das Inkrafttreten.

    B.2. Insgesamt betrachtet enthalten die Klagen zunächst mehrere Klagegründe, die aus einem Verstoss gegen die Regeln der Zuständigkeitsverteilung abgeleitet sind; sodann führen die klagenden Parteien in der Rechtssache Nr. 4277 in drei Klagegründen einen Verstoss gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, an sich oder in Verbindung mit Bestimmungen des innerstaatlichen oder des europäischen Rechts oder mit Rechtsgrundsätzen an; schliesslich üben die klagenden Parteien in der Rechtssache Nr. 4277 Kritik an der Ordonnanz hinsichtlich der Handels- und Gewerbefreiheit.

    In Bezug auf den ersten Klagegrund in der Rechtssache Nr. 4277 und den einzigen Klagegrund in der Rechtssache Nr. 4278

    B.3. Der erste Klagegrund in der Rechtssache Nr. 4277 ist abgeleitet aus einem Verstoss gegen die Artikel 35, 39, 128, 134 und 143 der Verfassung, die Artikel 5 § 1 I und 6 § 1 II Absatz 1 Nr. 1 des Sondergesetzes vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen und den Grundsatz der Verhältnismässigkeit. Der einzige Klagegrund in der Rechtssache Nr. 4278 ist abgeleitet aus einem Verstoss gegen die föderalen Zuständigkeiten für die Volksgesundheit und die regionalen Zuständigkeiten für den Umweltschutz, die in der Verfassung und im Sondergesetz vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen festgelegt sind, insbesondere in dessen vorerwähntem Artikel 6 § 1 II Absatz 1 Nr. 1. Auch ein Verstoss gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit wird angeführt.

    Nach Auffassung der klagenden Parteien bezwecke die angefochtene Ordonnanz nicht den Schutz de Umwelt, sondern in Wirklichkeit die Bekämpfung der Aussetzung des Menschen gegenüber nichtionisierenden Strahlungen und sei auf den Schutz der Bevölkerung dagegen ausgerichtet. Der Schutz der...

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