Auszug aus dem Entscheid Nr. 86/2012 vom 28. Juni 2012 Geschäftsverzeichnisnrn. 5228 und 5256 In Sachen: Klagen auf völlige oder teilweise Nichtigerklärung des flämischen Dekrets vom 8. Juli 2011 « zu

Auszug aus dem Entscheid Nr. 86/2012 vom 28. Juni 2012

Geschäftsverzeichnisnrn. 5228 und 5256

In Sachen: Klagen auf völlige oder teilweise Nichtigerklärung des flämischen Dekrets vom 8. Juli 2011 « zur Organisation der Lokal- und Provinzialwahlen und zur Abänderung des Gemeindedekrets vom 15. Juli 2005, des Provinzialdekrets vom 9. Dezember 2005 und des Dekrets vom 19. Dezember 2008 über die Organisation der öffentlichen Sozialhilfezentren », erhoben von Jean Marie de Meester und von der faktischen Vereinigung « Groen! » und anderen.

Der Verfassungsgerichtshof,

zusammengesetzt aus den Präsidenten M. Bossuyt und R. Henneuse, und den Richtern E. De Groot, L. Lavrysen, A. Alen, J.-P. Snappe, J.-P. Moerman, E. Derycke, J. Spreutels, T. Merckx-Van Goey, P. Nihoul und F. Daoût, unter Assistenz des Kanzlers F. Meersschaut, unter dem Vorsitz des Präsidenten M. Bossuyt,

verkündet nach Beratung folgenden Entscheid:

  1. Gegenstand der Klagen und Verfahren

    1. Mit einer Klageschrift, die dem Gerichtshof mit am 27. Oktober 2011 bei der Post aufgegebenem Einschreibebrief zugesandt wurde und am 28. Oktober 2011 in der Kanzlei eingegangen ist, erhob Jean Marie de Meester, wohnhaft in 8020 Oostkamp, Stationsstraat 212, Klage auf Nichtigerklärung der Artikel 165 bis 169 des flämischen Dekrets vom 8. Juli 2011 « zur Organisation der Lokal- und Provinzialwahlen und zur Abänderung des Gemeindedekrets vom 15. Juli 2005, des Provinzialdekrets vom 9. Dezember 2005 und des Dekrets vom 19. Dezember 2008 über die Organisation der öffentlichen Sozialhilfezentren » (veröffentlicht im Belgischen Staatsblatt vom 25. August 2011).

      Mit derselben Klageschrift beantragte die klagende Partei ebenfalls die einstweilige Aufhebung derselben Bestimmungen.

    2. Mit einer Klageschrift, die dem Gerichtshof mit am 24. November 2011 bei der Post aufgegebenem Einschreibebrief zugesandt wurde und am 25. November 2011 in der Kanzlei eingegangen ist, erhoben Klage auf Nichtigerklärung des vorerwähnten flämischen Dekrets vom 8. Juli 2011: die faktische Vereinigung « Groen! », mit Sitz in 1070 Brüssel, Sergeant De Bruynestraat 78-82, Kathleen Bevernage, wohnhaft in 8900 Ypern, Capucienenstraat 16, Remi Heylen, wohnhaft in 2260 Westerlo, Olenseweg 261, Stan Scholiers, wohnhaft in 2627 Schelle, Rubensstraat 54, Chris Habraken, wohnhaft in 3900 Overpelt, Heesakkerstraat 143, Jackie Timmers, wohnhaft in 3910 Neerpelt, Geerkensstraat 26, Jaak Billiet, wohnhaft in 8700 Tielt, Wingensesteenweg 108, Carlo De Winter, wohnhaft in 8560 Wevelgem, Guido Gezellestraat 21, Lut Dornez, wohnhaft in 8700 Tielt, Wingensesteenweg 108, und Frank Douchy, wohnhaft in 9620 Zottegem, Haagkouter 10.

      Mit derselben Klageschrift beantragten die klagenden Parteien ebenfalls die einstweilige Aufhebung derselben Dekrets.

      Diese unter den Nummern 5228 und 5256 ins Geschäftsverzeichnis des Gerichtshofes eingetragenen Rechtssachen wurden verbunden.

      (...)

  2. Rechtliche Würdigung

    (...)

    In Bezug auf die Zulässigkeit

    B.1.1. Der Kläger in der Rechtssache Nr. 5228 beantragt die Nichtigerklärung der Artikel 165 bis 169 des Flämischen Dekrets vom 8. Juli 2011 « zur Organisation der Lokal- und Provinzialwahlen und zur Abänderung des Gemeindedekrets vom 15. Juli 2005, des Provinzialdekrets vom 9. Dezember 2005 und des Dekrets vom 19. Dezember 2008 über die Organisation der öffentlichen Sozialhilfezentren » (nachstehend: das Dekret vom 8. Juli 2011).

    Er führt an, dass die angefochtenen Bestimmungen gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung verstiessen, indem sie für die kommenden Gemeindewahlen in der Flämischen Region das « Imperiali-System » vorsähen statt des « d'hondtschen Systems », das für die Wahlen der Provinzialräte und der Stadtdistrikträte in der Flämischen Region verwendet werde.

    Das « Imperiali-System » wird in Artikel 166 Absatz 1 des Dekrets vom 8. Juli 2011 beschrieben, der bestimmt:

    Der kommunale Hauptwahlvorstand teilt die Wahlziffer jeder Liste nacheinander durch 1, 11/2, 2, 21/2, 3, 31/2, 4, 41/2, und so weiter und ordnet die Quotienten nach der Reihenfolge ihrer Grösse, bis für alle Listen gemeinsam so viele Quotienten erreicht werden, wie Mitglieder zu wählen sind

    .

    Für die nächsten Provinzialwahlen bestimmt Artikel 181 § 2 Absatz 5 des Dekrets vom 8. Juli 2011:

    Der provinziale Hauptwahlvorstand teilt die in Absatz 2 erwähnten Wahlziffern nacheinander durch 1, 2, 3, und so weiter, wenn die Liste noch keinen einzigen Sitz endgültig erhalten hat, durch 2, 3, 4, und so weiter, wenn sie nur einen Sitz erhalten hat, durch 3, 4, 5, und so weiter, wenn sie bereits zwei Sitze erhalten hat, und so weiter, so dass bei der ersten Teilung jeweils durch eine Ziffer geteilt wird, die der Gesamtzahl der Sitze entspricht, die die Gruppe oder die Liste erhalten würde, wenn der erste der noch verfügbaren Sitze ihr zuerkannt würde

    .

    Das auf diese Weise formulierte « d'hondtsche System » gilt aufgrund von Artikel 175 Nr. 5 des Dekrets vom 8. Juli 2011 ebenfalls für die Wahl der Stadtdistrikträte.

    B.1.2. Die klagenden Parteien in der Rechtssache Nr. 5256 beantragen die Nichtigerklärung des gesamten Dekrets vom 8. Juli 2011.

    In einem ersten Klagegrund werden insbesondere die vorerwähnten Artikel 166, 175 Nr. 5 und 181 § 2 des Dekrets vom 8. Juli 2011 erwähnt.

    Der zweite Klagegrund in der Rechtssache Nr. 5256 ist im Einzelnen gegen Artikel 7 § 1 Absatz 2 des Dekrets vom 8. Juli 2011 gerichtet, in dem auf die Liste der Provinzialwahldistrikte in der Anlage zu diesem Dekret verwiesen wird, sowie gegen Artikel 181 § 2 Absätze 1 bis 3 dieses Dekrets, die bestimmen:

    Der provinziale Hauptwahlvorstand legt die Wahlziffer jeder Listengruppe durch eine Aufzählung der Wahlziffern der dazu gehörenden Listen fest. Die anderen Listen behalten ihre Wahlziffern.

    Der provinziale Hauptwahlvorstand bestimmt je provinzialen Wählbezirk durch Addieren der Einheiten der in Ausführung von Paragraph 1 ermittelten Quotienten die Anzahl der von den verschiedenen Listengruppen und von den allein stehenden Listen im gesamten provinzialen Wählbezirk bereits erzielten Sitze und die Anzahl der zusätzlich zu verteilenden Sitze.

    Zu dieser zusätzlichen Verteilung lässt der provinziale Hauptwahlvorstand alle Listengruppen zu, die folgende Bedingungen erfüllen:

    - in mindestens einem Provinzdistrikt des provinzialen Wählbezirks, dem der Provinzdistrikt angehört, eine Anzahl Stimmen von mindestens 66 Prozent des gemäss Paragraph 1 Absatz 1 festgelegten Wahldivisors erhalten haben

    .

    B.2.1. Die Flämische Regierung führt in einer ersten Einrede an, dass die Klagen teilweise unzulässig seien wegen zu späten Einreichens, da der Dekretgeber in Bezug auf eine Reihe der durch die angefochtenen Bestimmungen geregelten Angelegenheiten keineswegs eine neue Entscheidung getroffen habe.

    B.2.2.1. Aus den Vorarbeiten geht hervor, dass der Dekretgeber verschiedene Ziele verfolgte.

    Unter anderem musste dem Entscheid des Gerichtshofes Nr. 149/2007 vom 5. Dezember 2007 Folge geleistet werden, durch den die Einteilung der Wahldistrikte für die Provinzialwahlen, so wie sie in Artikel 2 und der Anlage des Dekrets der Flämischen Region vom 2. Juni 2006 zur Abänderung des Provinzialdekrets vom 9. Dezember 2005 geregelt worden war, für nichtig erklärt wurde (Parl. Dok., Flämisches Parlament, 2010-2011, Nr. 1084/1, SS. 4 und 9, Nr. 1084/8, SS. 5-6 und 21-22, und Ann., Flämisches Parlament, 2010-2011, Nr. 43, 29. Juni 2011, SS. 109 und 132).

    Der Dekretgeber wollte in Bezug auf die Lokal- und Provinzialwahlen, für die er infolge der Ersetzung von Artikel 6 § 1 VIII des Sondergesetzes vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen durch Artikel 4 des Sondergesetzes vom 13. Juli 2001 zur Ubertragung verschiedener Befugnisse an die Regionen und Gemeinschaften zuständig geworden ist, auch « eine integrierte Regelung für die Lokalwahlen und ein einziges umfassendes Wahldekret, in dem die Regelung übersichtlich und kohärent gebündelt ist »...

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