23. MÄRZ 2009 - Dekret zur Organisation des Teilzeit-Kunstunterrichts

Das Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft hat das Folgende angenommen und wir, Regierung, sanktionieren es :

TITEL I - Allgemeine Bestimmungen und Definitionen

Artikel 1 - Anwendungsbereich

Vorliegendes Dekret findet Anwendung auf die Unterrichtseinrichtungen des Teilzeit-Kunstunterrichts, die von der Deutschsprachigen Gemeinschaft anerkannt, subventioniert oder organisiert werden.

Der Teilzeit-Kunstunterricht kann nur in Unterrichtseinrichtungen angeboten werden, die ausschliesslich diese Unterrichtsform organisieren.

Art. 2 - Personenbezeichnungen

Personenbezeichnungen im vorliegenden Dekret gelten für beide Geschlechter.

Art. 3 - Definitionen

Für die Anwendung des vorliegenden Dekretes versteht man unter :

  1. Ausbildungsprojekt : ergänzendes Ausbildungsprogramm, das von der Kunstakademie angeboten wird und nach dessen Abschluss eine Bescheinigung vergeben wird;

  2. Fachbereich : organisatorisch und inhaltlich zusammenhängender Bereich des Teilzeit-Kunstunterrichts;

  3. Kernkompetenzen : wesentliche Ziele im Unterrichtsfach oder Fachbereich, die Ausgangspunkt für die Formulierung von Kompetenzerwartungen sind;

  4. Kompetenzen : Fähigkeit effizienten Handelns in Bezug auf eine Gruppe verwandter Situationen; die Meisterung dieser Situationen bedarf einerseits der notwendigen Kenntnisse und andererseits der Fähigkeit, diese Kenntnisse im Hinblick auf das Erkennen und Lösen wirklicher Probleme reflektiert und zum angemessenen Zeitpunkt in konkretes Tun umzusetzen; die Kompetenzen können sowohl fachbezogen als auch überfachlich sein;

  5. Kompetenzerwartungen : die zu erreichenden Lernergebnisse, die die Schüler jeweils zu einem bestimmten Zeitpunkt erworben haben müssen, um ein erfolgreiches Weiterlernen zu sichern; diese gelten als Mindestanforderungen, die von jedem Schüler erreicht werden müssen;

  6. Kunstakademie : Unterrichtseinrichtung des Teilzeit-Kunstunter-richts;

  7. Prüfungsbefreiung : Befreiung des Schülers von der Verpflichtung, an einer oder mehreren Prüfungen teilzunehmen;

  8. Rahmenpläne : verbindliche Rahmen, die Anforderungen an das Lehren und Lernen in der Schule formulieren; diese beinhalten unter anderem Kernkompetenzen, Kompetenzerwartungen und Bezüge zu den Kompetenzerwartungen; diese letzteren beschreiben Zwischenziele für die verschiedenen Stufen, die wichtige Etappen in der Kompetenzentwicklung darstellen;

  9. Studienprogramm : Wochenstundenraster und Lehrpläne pro Fach, Studienrichtung oder Fachbereich;

  10. Studienrichtung : einzelnes Fach oder mehrere inhaltlich zusammenhängende Fächer;

  11. Stufe : jahrgangsübergreifende Struktur, an deren Ende ein feststehendes Niveau erreicht werden muss, das durch ein Stufenzeugnis oder ein Diplom bestätigt wird;

  12. Unterrichtsbefreiung : Befreiung des Schülers von der Verpflichtung, an einem oder mehreren Kursen eines bestimmten Studienjahres oder eines bestimmten Moduls teilzunehmen;

  13. Unterrichtsstunde : Einheit von 60 Minuten, während der Unterricht erteilt wird oder andere pädagogische Aktivitäten im Rahmen der schulischen Ausbildung stattfinden.

    Titel II - Gesellschaftlicher Auftrag

    Art. 4 - Auftrag und Zielsetzung

    Mit ihrer Bildungs- und Erziehungsarbeit erfüllen die Kunstakademien einen wichtigen gesellschaftlichen Auftrag.

    Sie vermitteln künstlerische Bildung für Kinder, Jugendliche und Erwachsene in den Fachbereichen Musik, mündlicher Ausdruck und Schauspielkunst sowie Tanzkunst. Sie berücksichtigen dabei folgende Zielsetzungen :

  14. insbesondere bei Kindern und Jugendlichen die Freude an der Kunst wecken und ihnen durch die Vermittlung verschiedener künstlerischer Techniken und das Näherbringen verschiedener Kunstrichtungen den Zugang zur Kunst zu ermöglichen; das besondere Augenmerk gilt hierbei der Grundausbildung im Amateurkunstbereich;

  15. bei Jugendlichen künstlerische Begabungen entdecken und fördern und ihnen eine vertiefte künstlerische Ausbildung zuteilwerden lassen, damit sie eventuell ein weiterführendes künstlerisches Studium absolvieren oder einen künstlerischen Beruf ergreifen können.

    Der Teilzeit-Kunstunterricht leistet einen Beitrag zur Selbstentfaltung der Schüler, indem er ihnen durch das Erlernen verschiedener künstlerischer Techniken und das Näherbringen verschiedener Kunstrichtungen den Zugang zur Kunst ermöglicht. Auch gibt er den Schülern die notwendigen Mittel und Ausbildungen für eine freie künstlerische Betätigung an die Hand, damit sie ihre eigene schöpferische Kreativität entwickeln.

    Die Kunstakademien legen ein besonderes Augenmerk auf die Chancengerechtigkeit. Gerade gesellschaftlich schwächer gestellte Personen und Personen mit einem Migrationshintergrund sind für den Kunstbereich zu sensibilisieren.

    Darüber hinaus achten die Kunstakademien darauf, die Vielfalt kultureller Ausdrucksformen zu schützen und zu fördern. Denn die kulturelle Vielfalt ist ein gemeinsames Erbe der Menschheit und soll zum Nutzen aller geachtet und erhalten werden. Die kulturelle Vielfalt schafft eine reiche und vielfältige Welt, wodurch die Wahlmöglichkeiten erhöht und die menschlichen Fähigkeiten und Werte bereichert werden. Die kulturelle Interaktion und Kreativität bereichern und erneuern die kulturellen Ausdrucksformen wesentlich. Diejenigen, die an der Entwicklung der Kultur beteiligt sind, sind massgebliche Akteure, um den Fortschritt der Gesellschaft insgesamt zu fördern.

    Unbedingte Grundlage jeder Bildungs- und Erziehungsarbeit ist :

  16. die Anerkennung und Einhaltung der Menschenrechte, wie sie

    1. in der universellen Erklärung der Menschenrechte, die in der allgemeinen Versammlung der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1948 verkündet worden sind beziehungsweise

    2. in der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. Mai 1950 festgeschrieben sind;

  17. der Schutz und die Veranschaulichung der Sprache sowie die Förderung von Kultur und Identität.

    Art. 5 - Kompetenzen

    Das konkrete Bildungsziel aller Kunstakademien ist die Vermittlung von Kompetenzen, die darauf abzielen :

  18. einen Beitrag zur Selbstentfaltung der Schüler zu leisten, indem ihnen durch das Erlernen verschiedener künstlerischer Techniken und das Näherbringen verschiedener Kunstrichtungen der Zugang zur Kunst ermöglicht wird;

  19. den Schülern die für ein freies künstlerisches Schaffen notwendigen Mittel und Ausbildungen an die Hand zu geben, damit sie ihre eigene schöpferische Kreativität entwickeln;

  20. Unterricht anzubieten, der Schüler auf die Anforderungen von weiterführenden künstlerischen Studien vorbereitet.

    Jede Kunstakademie hat den Auftrag, allen Schülern zu ermöglichen, sich ein Maximum an Kompetenzen anzueignen, um die Kernkompetenzen und Kompetenzerwartungen zu erreichen.

    Art. 6 - Fachbezogene und überfachliche Kompetenzen

    Die inhaltlichen Grundlagen für die Unterrichtsarbeit gehen vom Zusammenhang von fachbezogenen und überfachlichen Kompetenzen aus.

    Die fachbezogenen Kompetenzen zielen auf den Erwerb von fachspezifischem Wissen und Können, auf die Anwendung des Wissens und seine Verknüpfung in lebensnahen Handlungszusammenhängen. Die Aneignung fachbezogener Kompetenzen umfasst unter anderem das Erkennen von Zusammenhängen, das Verstehen von Argumenten und Erklärungen, das Bewerten von Thesen und Theorien.

    Uberfachliche Kompetenzen sind Kompetenzen, die in allen Unterrichtsfächern und im schulischen Leben entwickelt werden. Die überfachlichen Kompetenzen sind eine Grundlage zum Erreichen allgemeiner Bildungsziele und eine wichtige Voraussetzung für die persönliche Entwicklung der Schüler. Sie bilden zudem eine Grundlage für die Entwicklung fachbezogener Kompetenzen.

    Die überfachlichen Kompetenzen stehen in engem wechselseitigem Zusammenhang :

  21. Methodenkompetenzen : Diese umfassen die flexible Nutzung vielfältiger Lern- und Arbeitsmittel sowie Lernstrategien, die es erlauben, Aufgaben zu bewältigen und Probleme zu lösen. Langfristiges Ziel ist die Entwicklung des selbstständigen, zielorientierten, kreativen und verantwortungsbewussten Lernprozesses.

  22. Soziale Kompetenzen : Diese bezeichnen die Gesamtheit der Fähigkeiten und Einstellungen, um das eigene Verhalten von einer individuellen Handlungsorientierung verstärkt auf eine gemeinschaftliche auszurichten. Die Schüler bringen ihre individuellen Handlungsziele in Einklang mit denen anderer.

  23. Personale Kompetenzen : Diese sind ausgerichtet auf die Fähigkeit der Schüler, als Individuum Chancen, Anforderungen und Grenzen in allen Lebenslagen zu erkennen. Dies beinhaltet unter anderem das Ausbilden von Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl, das Erkennen der eigenen Stärken und Schwächen mit dem Ziel der kritischen Selbstwahrnehmung und die Entwicklung einer kritischen Urteilsfähigkeit.

    Kompetenzorientiert zu unterrichten heisst, dass der Schüler im Zentrum des Unterrichtsgeschehens steht. Schüler sollen dabei zunehmend selbst Initiative und Verantwortung für ihr Lernen übernehmen. Dies setzt voraus, dass Nützlichkeit, Sinn und Anwendbarkeit schulischen Lernens für Schüler ersichtlich sind.

    Lernen ist ein einzigartiger, persönlicher und konstruktiver Vorgang. Um Schülern optimale Lernchancen zu bieten und zugleich die fachlichen, institutionellen und gesellschaftlichen Ansprüche zu erfüllen, bedarf es eines breiten Spektrums schul- und unterrichtsorganisatorischer und methodisch-didaktischer Entscheidungen.

    Kompetenzorientierter Unterricht findet eine Balance zwischen Fördern und Fordern, indem er gestufte Ziele setzt, die die Schüler herausfordern, ohne sie resignieren zu lassen.

    In der schulischen Bildung und Ausbildung sind die Erziehung zum eigenverantwortlichen und selbständigen Lernen und die Förderung der Leistungsbereitschaft wichtige Voraussetzungen, die zum lebenslangen Lernen befähigen.

    Art. 7 - Studienprogramm und Lehrplan

    § 1 - Jeder Schulträger erstellt oder übernimmt für seine Kunstakademien Studienprogramme oder Lehrpläne pro Studienrichtung und pro Stufe.

    Die Lehrpläne enthalten erkennbar die in den Rahmenplänen beschriebenen Kompetenzen.

    Darüber hinausgehende...

Pour continuer la lecture

SOLLICITEZ VOTRE ESSAI

VLEX uses login cookies to provide you with a better browsing experience. If you click on 'Accept' or continue browsing this site we consider that you accept our cookie policy. ACCEPT