Auszug aus dem Urteil Nr. 107/2007 vom 26. Juli 2007 Geschäftsverzeichnisnrn. 3985 und 3986 In Sachen : Präjudizielle Fragen in Bezug auf die Artikel 47sexies, 47septies, 235ter und 235quater des S

Auszug aus dem Urteil Nr. 107/2007 vom 26. Juli 2007

Gesch‰ftsverzeichnisnrn. 3985 und 3986

In Sachen : Pr‰judizielle Fragen in Bezug auf die Artikel 47sexies, 47septies, 235ter und 235quater des Strafprozessgesetzbuches, gestellt vom Appellationshof Gent.

Der Verfassungsgerichtshof,

zusammengesetzt aus den Vorsitzenden A. Arts und M. Melchior, und den Richtern P. Martens, R. Henneuse, M. Bossuyt, E. De Groot, L. Lavrysen, A. Alen, J.-P. Snappe, J.-P. Moerman, E. Derycke und J. Spreutels, unter Assistenz des Kanzlers P.-Y. Dutilleux, unter dem Vorsitz des Vorsitzenden A. Arts,

verk¸ndet nach Beratung folgendes Urteil:

  1. Gegenstand der pr‰judiziellen Fragen und Verfahren

    1. In seinem Urteil vom 25. April 2006 in Sachen der Staatsanwaltschaft gegen J.L. und andere, dessen Ausfertigung am 11. Mai 2006 in der Kanzlei des Hofes eingegangen ist, hat die Anklagekammer des Appellationshofes Gent folgende pr‰judizielle Fragen gestellt:

      1. ´ Verstˆsst Artikel 235ter des Strafprozessgesetzbuches gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, Artikel 6 der Europ‰ischen Menschenrechtskonvention und Artikel 14 des Internationalen Paktes ¸ber b¸rgerliche und politische Rechte, dahingehend ausgelegt, dass bei der Bereinigung der Strafakte gem‰ss Artikel 131 des Strafprozessgesetzbuches w‰hrend der Regelung des Verfahrens gem‰ss den Artikeln 127, 135 und 235bis des Strafprozessgesetzbuches die Parteien jegliche Beanstandung vorbringen kˆnnen und dass dar¸ber hinaus bei Bemerkungen von Amts wegen die Verhandlung wiedererˆffnet werden muss, w‰hrend Artikel 235ter ß 5 des Strafprozessgesetzbuches unter Bezugnahme auf Artikel 235bis ßß 5 und 6 des Strafprozessgesetzbuches diese Mˆglichkeit nicht bietet, auch bei Feststellung von Amts wegen seitens der aufgrund von Artikel 235ter des Strafprozessgesetzbuches befassten Richter, zumal die Anwendung von Artikel 235ter des Strafprozessgesetzbuches in Verbindung mit Artikel 189ter oder 335bis des Strafprozessgesetzbuches eine Verhandlung zur Hauptsache diesbez¸glich fast unmˆglich macht, was nicht der Fall ist bei der Anwendung von Artikel 235bis des Strafprozessgesetzbuches? ª;

      2. ´ Verstˆsst Artikel 235ter des Strafprozessgesetzbuches gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, Artikel 6 der Europ‰ischen Menschenrechtskonvention und Artikel 14 des Internationalen Paktes ¸ber b¸rgerliche und politische Rechte, indem die Uberpr¸fung gem‰ss Artikel 235ter des Strafprozessgesetzbuches obligatorisch in der Ermittlungsphase und gerade vor der Regelung des Verfahrens stattfindet, dahingehend ausgelegt, dass in dieser Phase der Ermittlung Entscheidungen getroffen werden bez¸glich einer Akte, die vertraulich ist, von der nur die Richter in Kenntnis gesetzt werden, deren Urteil diese vertrauliche Akte unterliegt, damit ¸ber die Regelm‰ssigkeit der angewandten Technik entschieden wird in einem Urteil, gegen das keine Rechtsmittel eingelegt werden kˆnnen, und ohne echte kontradiktorische Beschaffenheit, wobei die Richter in einer sp‰teren Phase, bei der Regelung des Verfahrens, die ggf. zum Teil von denselben Richtern bereinigte Strafakte erneut zur Kenntnis nehmen kˆnnen, und dann nach einer kontradiktorischen Untersuchung, ggf. auch in Bezug auf die Observation und/oder die Infiltrierung, erneut dar¸ber werden befinden m¸ssen in der Phase der Regelung des Verfahrens, jedoch in Kenntnis des Inhalts einer vertraulichen Akte, die ausserhalb der kontradiktorischen Beschaffenheit des Verfahrens gehalten wird, die aber das Urteil nach der kontradiktorischen Verhandlung beeinflussen kann? Verstˆsst Artikel 235ter des Strafprozessgesetzbuches, in Verbindung mit den vorerw‰hnten Artikeln des Strafprozessgesetzbuches und den Vertragsbestimmungen in diesen Umst‰nden gegen das Recht auf einen unparteiischen Richter, indem die Richter, die w‰hrend der eventuellen Anwendung der Artikel 235 und 235bis des Strafprozessgesetzbuches in Kenntnis sind von der vertraulichen Akte gem‰ss Artikel 235ter des Strafprozessgesetzbuches ohne echte kontradiktorische Beschaffenheit, um ¸ber die Regelm‰ssigkeit der Strafakte sowie ¸ber die damit verbundene Folge zu befinden, in einer sp‰teren Phase in Kenntnis sind von Gegebenheiten, ¸ber die die Parteien nicht verf¸gen und wobei sie auch keine Beanstandung vorbringen kˆnnen? ª;

      3. ´ Verstˆsst Artikel 235ter des Strafprozessgesetzbuches gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung sowie gegen die Artikel 6 und 8 der Europ‰ischen Menschenrechtskonvention, dahingehend ausgelegt, dass er w‰hrend der Ermittlungsphase - somit vor der Regelung des Verfahrens und ohne eigentliche kontradiktorische Beschaffenheit -, sei es durch einen unparteiischen Richter, die Mˆglichkeit einer Gesetzm‰ssigkeitskontrolle der Techniken der Observation und der Infiltrierung bietet aufgrund von u.a. Artikel 8 der Europ‰ischen Menschenrechtskonvention, um nachher, bei der Regelung des Verfahrens zu ermˆglichen, dass dieselben Richter, in Verbindung mit Artikel 6 der Europ‰ischen Menschenrechtskonvention, ¸ber eine kontradiktorische Verhandlung in Bezug auf Elemente und Mittel erkennen, die ihnen bereits zur Beurteilung vorgelegt wurden innerhalb der Grenzen der einseitigen kontradiktorischen Beschaffenheit gem‰ss Artikel 235ter des Strafprozessgesetzbuches und wor¸ber sie geurteilt haben, diesmal jedoch aufgrund der Artikel 135, 235 und 235bis des Strafprozessgesetzbuches, und wobei sie durch ihr Urteil gem‰ss Artikel 235ter des Strafprozessgesetzbuches gebunden sind, und wobei sie in Kenntnis der Strafinformation sind, ¸ber die die Parteien selber nicht verf¸gen, und dies alles bez¸glich der besonderen Informationstechniken, die nicht zur Observation und/oder Infiltrierung gehˆren, die aber ebenfalls eine gravierende Beeintr‰chtigung des Privatlebens gem‰ss Artikel 8 der Europ‰ischen Menschenrechtskonvention darstellen? ª.

    2. In seinem Urteil vom 25. April 2006 in Sachen der Staatsanwaltschaft gegen J. V.d.B. und andere, dessen Ausfertigung am 11. Mai 2006 in der Kanzlei des Hofes eingegangen ist, hat die Anklagekammer des Appellationshofes Gent folgende pr‰judizielle Fragen gestellt:

      1. ´ Verstˆsst Artikel 235ter des Strafprozessgesetzbuches gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, dahingehend ausgelegt, dass die Anklagekammer im Rahmen des durch diesen Artikel eingef¸hrten besonderen, nicht kontradiktorischen Verfahrens ebenfalls ¸ber Diskussionen bez¸glich der G¸ltigkeit oder der Regelm‰ssigkeit von Observationshandlungen befinden kann, die nicht aus der ' vertraulichen Akte ' im Sinne von Artikel 235ter des Strafprozessgesetzbuches folgen, sondern aus der ordentlichen Strafakte, die von allen Parteien eingesehen werden kann und auf die die Verfolgung eigentlich zur¸ckzuf¸hren ist, indem

        - in diesem Fall den Beschuldigten auch keine kontradiktorische Verhandlung gew‰hrt wird bei der Beurteilung der G¸ltigkeit oder der Regelm‰ssigkeit dieser Ermittlungsmethode der Observation, auch im Falle, wo diese Beurteilung eine Diskussion aufgrund der ' ordentlichen Strafakte ', die von allen Parteien eingesehen werden kann, betrifft;

        - w‰hrend den Beschuldigten wohl eine kontradiktorische Verhandlung gew‰hrt wird bei jeder Beurteilung einer Diskussion bez¸glich der G¸ltigkeit oder der Regelm‰ssigkeit anderer Ermittlungsmethoden und Ermittlungshandlungen, die auf Daten derselben ' ordentlichen ' Strafakte basiert;

        - und dies w‰hrend der Behandlungsunterschied zwischen der Observation und Infiltrierung einerseits und den anderen Ermittlungsmethoden und Ermittlungshandlungen andererseits nicht auf irgendeine erforderliche Geheimhaltung der Daten zur¸ckzuf¸hren ist, angesichts der Tatsache, dass es in beiden F‰llen geht um eine Diskussion aufgrund von Elementen aus der ' ordentlichen ' Strafakte, die von allen Parteien eingesehen werden kann, und somit auch keine Geheimhaltung den Parteien gegen¸ber erforderlich ist? ª;

      2. ´ Verstossen die Artikel 47sexies, 47septies und 235ter des Strafprozessgesetzbuches gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, insofern sie Personen, die Gegenstand der besonderen Ermittlungsmethode der Observation sind, nicht ermˆglichen, die Regelm‰ssigkeit des Anordnens und Durchf¸hrens dieser Ermittlungsmethode vor einem Gericht anzufechten, w‰hrend (1) einer kontradiktorisch gef¸hrten Verhandlung, (2) wobei die eine Verfahrenspartei die Argumentation einer anderen Verfahrenspartei zur Kenntnis nehmen und diesbez¸glich Beanstandungen vorbringen kann, (3) anhand aller relevanten Aktenst¸cke, (4) wobei ihr das Gesetz eine ausreichende Frist gew‰hrt, um ihre Verteidigung vorzubereiten, (5) wobei nicht alle Verteidigungsmittel eingesetzt werden kˆnnen, wie z.B. die Ladung von Zeugen, und sie somit nicht ¸ber die Mˆglichkeit verf¸gt, alle Argumente anhand aller Beweismittel vor Gericht zu bringen, und (6) kein Rechtsmittel eingelegt werden kann gegen die diesbez¸gliche Entscheidung der Anklagekammer, w‰hrend die Personen, die Gegenstand der gewˆhnlichen oder ' nicht besonderen ' Ermittlungsmethoden sind, wohl die Regelm‰ssigkeit des Anordnens sowie des Durchf¸hrens dieser Ermittlungsmethode anfechten kˆnnen, und dies nach Wahl der Verfahrenspartei sowohl vor Untersuchungsgerichten als vor erkennenden Gerichten (manchmal vor beiden) und zwar wohl w‰hrend (1) einer kontradiktorisch gef¸hrten Verhandlung, (2) wobei die eine Verfahrenspartei die Argumentation einer anderen Verfahrenspartei zur Kenntnis nehmen und diesbez¸glich Beanstandungen vorbringen kann, (3) anhand aller relevanten Aktenst¸cke, (4) wobei ihr das Gesetz eine ausreichende Frist gew‰hrt, um ihre Verteidigung vorzubereiten, (5) wobei sie ¸ber die Mˆglichkeit verf¸gt, alle Verteidigungsmittel anhand aller Beweismittel vor Gericht zu bringen, und sie (6) ebenfalls ein Rechtsmittel einlegen kann gegen die Entscheidung des zur Sache befassten Richters? ª;

      3. ´ Verstˆsst Artikel 235ter des Strafprozessgesetzbuches gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, indem er die Uberpr¸fung der in Artikel 47sexies des...

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