Auszug aus dem Entscheid Nr. 82/2012 vom 28. Juni 2012 Geschäftsverzeichnisnrn. 5166, 5170, 5171, 5174

Auszug aus dem Entscheid Nr. 82/2012 vom 28. Juni 2012

Geschäftsverzeichnisnrn. 5166, 5170, 5171, 5174, 5176 und 5177

In Sachen : Klagen auf völlige oder teilweise Nichtigerklärung von Artikel 9ter des Gesetzes vom 15. Dezember 1980 über die Einreise ins Staatsgebiet, den Aufenthalt, die Niederlassung und das Entfernen von Ausländern, ersetzt durch Artikel 187 des Gesetzes vom 29. Dezember 2010 zur Festlegung verschiedener Bestimmungen (I), erhoben von Cécile Mayembe Kafutshi und anderen.

Der Verfassungsgerichtshof,

zusammengesetzt aus den Präsidenten R. Henneuse und M. Bossuyt, und den Richtern E. De Groot, L. Lavrysen, A. Alen, J.-P. Snappe, J.-P. Moerman, E. Derycke, J. Spreutels, T. Merckx-Van Goey, P. Nihoul und F. Daoût, unter Assistenz des Kanzlers F. Meersschaut, unter dem Vorsitz des Präsidenten R. Henneuse,

verkündet nach Beratung folgenden Entscheid :

  1. Gegenstand der Klagen und Verfahren

    1. Mit einer Klageschrift, die dem Gerichtshof mit am 27. Juni 2011 bei der Post aufgegebenem Einschreibebrief zugesandt wurde und am 28. Juni 2011 in der Kanzlei eingegangen ist, erhob Cécile Mayembe Kafutshi, wohnhaft in 1090 Brüssel, rue de la Loyauté 1A, Klage auf völlige oder teilweise (Paragraph 1 Absatz 5) Nichtigerklärung von Artikel 9ter des Gesetzes vom 15. Dezember 1980 über die Einreise ins Staatsgebiet, den Aufenthalt, die Niederlassung und das Entfernen von Ausländern, ersetzt durch Artikel 187 des Gesetzes vom 29. Dezember 2010 zur Festlegung verschiedener Bestimmungen (I), veröffentlicht im Belgischen Staatsblatt vom 31. Dezember 2010, dritte Ausgabe.

    2. Mit Klageschriften, die dem Gerichtshof mit am 29. Juni 2011 bei der Post aufgegebenen Einschreibebriefen zugesandt wurden und am 30. Juni 2011 in der Kanzlei eingegangen sind, erhoben Sammy Mukuna Bambili, wohnhaft in 9600 Ronse, Kruisstraat 36/201, und Mako Hassan Mousse, wohnhaft in 1080 Brüssel, rue du Cinéma 1/A, Klage auf völlige oder teilweise (Paragraph 1 Absätze 4 und 5 und Paragraph 3 Absatz 1 Nr. 3) Nichtigerklärung des vorerwähnten Artikels 9ter.

    3. Mit einer Klageschrift, die dem Gerichtshof mit am 30. Juni 2011 bei der Post aufgegebenem Einschreibebrief zugesandt wurde und am 1. Juli 2011 in der Kanzlei eingegangen ist, erhoben die VoG « Vluchtelingenwerk Vlaanderen », mit Vereinigungssitz in 1030 Brüssel, rue Gaucheret 164, die VoG « Association pour le droit des Etrangers », mit Vereinigungssitz in 1000 Brüssel, rue du Boulet 22, die VoG « Coordination et Initiatives pour et avec les Réfugiés et les Etrangers », mit Vereinigungssitz in 1050 Brüssel, rue du Vivier 80-82, und die VoG « Ligue des Droits de l'Homme », mit Vereinigungssitz in 1000 Brüssel, rue du Boulet 22, Klage auf Nichtigerklärung von Artikel 187 des vorerwähnten Gesetzes vom 29. Dezember 2010, insofern diese Bestimmung einen Artikel 9ter § 2 und § 3 Absatz 1 Nrn. 2 und 3 in das vorerwähnte Gesetz vom 15. Dezember 1980 einfügt.

    4. Mit Klageschriften, die dem Gerichtshof mit am 30. Juni 2011 bei der Post aufgegebenen Einschreibebriefen zugesandt wurden und am 1. Juli 2011 in der Kanzlei eingegangen sind, erhoben Patricia Deya Dimbu, wohnhaft in 1130 Rixensart, rue du Plagniau 1, und Diogo Barry, wohnhaft in 1020 Brüssel, rue Meyers-Hennau 4, Klage auf völlige oder teilweise (Paragraph 1 Absätze 4 und 5 und Paragraph 3 Absatz 1 Nr. 3 oder Paragraph 1 Absatz 5) Nichtigerklärung des vorerwähnten Artikels 9ter.

    Diese unter den Nummern 5166, 5170, 5171, 5174, 5176 und 5177 ins Geschäftsverzeichnis des Gerichtshofes eingetragenen Rechtssachen wurden verbunden.

    (...)

  2. Rechtliche Würdigung

    (...)

    B.1. Die klagenden Parteien in den Rechtssachen Nrn. 5166, 5170, 5171, 5176 und 5177 beantragen hauptsächlich die Nichtigerklärung von Artikel 9ter des Gesetzes vom 15. Dezember 1980 über die Einreise ins Staatsgebiet, den Aufenthalt, die Niederlassung und das Entfernen von Ausländern, ersetzt durch Artikel 187 des Gesetzes vom 29. Dezember 2010 zur Festlegung verschiedener Bestimmungen (I).

    Hilfsweise beantragen die klagenden Parteien in den Rechtssachen Nrn. 5166 und 5177 die Nichtigerklärung von Paragraph 1 Absatz 5 der vorerwähnten Bestimmung.

    Die klagenden Parteien in den Rechtssachen Nrn. 5170, 5171 und 5176 beantragen ihrerseits hilfsweise die Nichtigerklärung von Paragraph 1 Absätze 4 und 5 sowie von Paragraph 3 Absatz 1 Nr. 3 der vorerwähnten Bestimmung.

    Die in der Rechtssache Nr. 5174 eingereichte Klage bezweckt die Nichtigerklärung von Artikel 187 des Gesetzes vom 29. Dezember 2010, insofern er Artikel 9ter § 2, Artikel 9ter § 3 Nr. 2 und Artikel 9ter § 3 Nr. 3 in das Gesetz vom 15. Dezember 1980 einfügt.

    In Bezug auf die angefochtene Bestimmung

    B.2. Artikel 187 des Gesetzes vom 29. Dezember 2010 zur Festlegung verschiedener Bestimmungen (I) lautet :

    1. Artikel 9ter des Gesetzes vom 15. Dezember 1980 über die Einreise ins Staatsgebiet, den Aufenthalt, die Niederlassung und das Entfernen von Ausländern, eingefügt durch das Gesetz vom 15. September 2006 und abgeändert durch die Gesetze vom 6. Mai 2009 und 7. Juni 2009, wird wie folgt ersetzt :

    'Art. 9ter. § 1. Ein Ausländer, der sich in Belgien aufhält, seine Identität gemäss § 2 nachweist und so sehr an einer Krankheit leidet, dass sie eine tatsächliche Gefahr für sein Leben oder seine körperliche Unversehrtheit oder eine tatsächliche Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung darstellt, wenn in seinem Herkunftsland oder dem Land, in dem er sich aufhält, keine angemessene Behandlung vorhanden ist, kann beim Minister beziehungsweise seinem Beauftragten beantragen, dass ihm der Aufenthalt im Königreich erlaubt wird.

    Der Antrag muss per Einschreiben beim Minister beziehungsweise seinem Beauftragten eingereicht werden und die Adresse des tatsächlichen Wohnortes des Ausländers in Belgien enthalten.

    Mit dem Antrag übermittelt der Ausländer alle nützlichen Auskünfte zu seiner Krankheit sowie zu den Möglichkeiten und der Zugänglichkeit einer angemessenen Behandlung in seinem Herkunftsland oder in dem Land, in dem er sich aufhält.

    Er übermittelt ein vom König in einem im Ministerrat beratenen Erlass vorgesehenes ärztliches Standardattest. Dieses ärztliche Attest gibt Auskunft über die Krankheit, ihren Schweregrad und die als notwendig erachtete Behandlung.

    Die Beurteilung der in Absatz 1 erwähnten Gefahr, der Behandlungsmöglichkeiten, ihrer Zugänglichkeit in seinem Herkunftsland oder dem Land, in dem er sich aufhält, und der Krankheit, ihrem Schweregrad und der als notwendig erachteten Behandlung, die im ärztlichen Attest angegeben werden, wird von einem beamteten Arzt oder von einem vom Minister beziehungsweise von seinem Beauftragten bestimmten Arzt vorgenommen, der diesbezüglich ein Gutachten abgibt. Er kann falls erforderlich den Ausländer untersuchen und bei Gutachtern ein zusätzliches Gutachten einholen.

    § 2. Bei Einreichung des Antrags weist der Ausländer seine Identität, wie in § 1 Absatz 1 erwähnt, durch ein Identitätsdokument oder Belege nach, die folgenden Bedingungen entsprechen :

    1. Sie enthalten den vollständigen Namen, den Geburtsort, das Geburtsdatum und die Staatsangehörigkeit des Betreffenden.

    2. Sie sind von der zuständigen Behörde gemäss dem Gesetz vom 16. Juli 2004 zur Einführung des Gesetzbuches über das internationale Privatrecht oder den internationalen Abkommen in derselben Angelegenheit ausgestellt worden.

    3. Sie erlauben die Feststellung einer physischen Verbindung zwischen dem Inhaber und dem Betreffenden.

    4. Sie sind nicht auf der Grundlage einfacher Erklärungen des betreffenden Ausländers aufgesetzt worden.

    Der Ausländer kann seine Identität auch durch mehrere Belege nachweisen, die zusammengefasst die Bestandteile der Identität, wie in Absatz 1 Nr. 1 vorgesehen, vereinen, sofern jeder Beleg mindestens den in Absatz 1 Nr. 2 und 4 erwähnten Anforderungen entspricht und mindestens ein Beleg der in Absatz 1 Nr. 3 erwähnten Anforderung entspricht.

    Die Verpflichtung, seine Identität nachzuweisen, gilt nicht für Asylsuchende, in Bezug auf deren Asylantrag kein definitiver Beschluss gefasst worden ist oder die gegen diesen Beschluss eine gemäss Artikel 20 der am 12. Januar 1973 koordinierten Gesetze über den Staatsrat für annehmbar erklärte Kassationsbeschwerde eingereicht haben, bis zu dem Zeitpunkt, an dem ein Ablehnungsentscheid in Bezug auf die für annehmbar erklärte Beschwerde ausgesprochen wird. Ausländer, für die diese Befreiung gilt, müssen dies in ihrem Antrag ausdrücklich nachweisen.

    § 3. Der Beauftragte des Ministers erklärt den Antrag für unzulässig :

    1. wenn der Ausländer seinen Antrag nicht per Einschreiben beim Minister beziehungsweise seinem Beauftragten einreicht oder wenn der Antrag die Adresse seines tatsächlichen Wohnortes in Belgien nicht enthält,

    2. wenn der Ausländer im Antrag seine Identität nicht gemäss den in § 2 erwähnten Modalitäten nachweist oder wenn der Antrag den Nachweis, der in § 2 Absatz 3 vorgesehen ist, nicht enthält,

    3. wenn das ärztliche Standardattest nicht mit dem Antrag vorgelegt wird oder wenn das ärztliche Standardattest die in § 1 Absatz 4 vorgesehenen Bedingungen nicht erfüllt,

    4. in den in Artikel 9bis § 2 Nr. 1 bis 3 erwähnten Fällen oder wenn die angeführten Sachverhalte zur Unterstützung des Antrags auf Erlaubnis, sich im Königreich aufzuhalten, bereits im Rahmen eines vorherigen Antrags auf Aufenthaltserlaubnis aufgrund der vorliegenden Bestimmung angeführt wurden.

    § 4. Ausländer werden von vorliegender Bestimmung ausgeschlossen, wenn der Minister beziehungsweise sein Beauftragter der Meinung ist, dass schwerwiegende Gründe zu der Annahme vorliegen, dass sie in Artikel 55/4 erwähnte Handlungen begangen haben.

    § 5. Die in § 1 Absatz 5 erwähnten Gutachter werden vom König durch einen im Ministerrat beratenen Erlass bestellt.

    Der König legt durch einen im Ministerrat beratenen Erlass die Verfahrensregeln fest und bestimmt ebenfalls, wie die in Absatz 1 erwähnten Gutachter vergütet werden.

    § 6. Artikel 458 des Strafgesetzbuches ist...

Pour continuer la lecture

SOLLICITEZ VOTRE ESSAI

VLEX uses login cookies to provide you with a better browsing experience. If you click on 'Accept' or continue browsing this site we consider that you accept our cookie policy. ACCEPT