Auszug aus dem Entscheid Nr. 118/2021 vom 30. September 2021 Geschäftsverzeichnisnummern 7154, 7155

Auszug aus dem Entscheid Nr. 118/2021 vom 30. September 2021

Geschäftsverzeichnisnummern 7154, 7155, 7212 und 7220

In Sachen: Klagen auf teilweise Nichtigerklärung des Dekrets der Wallonischen Region vom 4. Oktober 2018 « zur Festlegung des Wallonischen Gesetzbuches über den Tierschutz », erhoben von Rabah Bouazza und anderen, von Albert Guigui und anderen, und von der VoG « Comité de Coordination des Organisations Juives de Belgique. Section belge du Congrès juif mondial et Congrès juif européen » und anderen und von der « Exécutif des Musulmans de Belgique » und anderen.

Der Verfassungsgerichtshof,

zusammengesetzt aus den Präsidenten P. Nihoul und L. Lavrysen, den Richtern J.-P. Moerman, T. Giet, R. Leysen, J. Moerman, M. Pâques, Y. Kherbache, T. Detienne und D. Pieters, und dem emeritierten Präsidenten F. Daoût und der emeritierten Richterin T. Merckx-Van Goey gemäß Artikel 60bis des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof, unter Assistenz des Kanzlers P.-Y. Dutilleux, unter dem Vorsitz des emeritierten Präsidenten F. Daoût,

erlässt nach Beratung folgenden Entscheid:

  1. Gegenstand der Klagen und Verfahren

    1. Mit einer Klageschrift, die dem Gerichtshof mit am 1. April 2019 bei der Post aufgegebenem Einschreibebrief zugesandt wurde und am 2. April 2019 in der Kanzlei eingegangen ist, erhoben Klage auf Nichtigerklärung der Artikel D.57 § 1 und D.105 § 1 Nr. 18, enthalten in Artikel 1 des Dekrets der Wallonischen Region vom 4. Oktober 2018 « zur Festlegung des Wallonischen Gesetzbuches über den Tierschutz », sowie von Artikel 26 desselben Dekrets (veröffentlicht im Belgischen Staatsblatt vom 31. Dezember 2018): Rabah Bouazza, die VoG « Mosquée Arrahma - Association de foi et pratique de la religion islamique de Marchienne-au-Pont », die VoG « Assakina », die VoG « Association de Foi et Pratique de la Religion islamique de Charleroi », die VoG « Association de foi et de pratique de la religion islamique », die VoG « Mosquée At-Touba », die VoG « Verli » und die « Goraya » PGmbH, unterstützt und vertreten durch RA I. Akrouh, in Brüssel zugelassen.

    2. Mit einer Klageschrift, die dem Gerichtshof mit am 1. April 2019 bei der Post aufgegebenem Einschreibebrief zugesandt wurde und am 3. April 2019 in der Kanzlei eingegangen ist, erhoben Klage auf Nichtigerklärung der Artikel D.4 § 1 Nrn. 2, 16 und 26, D.57 und D.59, enthalten in Artikel 1 desselben Dekrets, sowie von dessen Artikel 26: Albert Guigui, Pinkas Kornfeld, Nissan Haim Roth und das Zentrale Israelitische Konsistorium Belgiens, unterstützt und vertreten durch RA E. Jacubowitz und RÄin E. Maes, in Brüssel zugelassen.

      Mit denselben Klageschriften beantragten die klagenden Parteien ebenfalls die einstweilige Aufhebung derselben Dekretsbestimmungen. Durch Entscheid Nr. 115/2019 vom 18. Juli 2019, veröffentlicht im Belgischen Staatsblatt vom 12. Februar 2020, hat der Gerichtshof die Klagen auf einstweilige Aufhebung zurückgewiesen.

    3. Mit einer Klageschrift, die dem Gerichtshof mit am 14. Juni 2019 bei der Post aufgegebenem Einschreibebrief zugesandt wurde und am 17. Juni 2019 in der Kanzlei eingegangen ist, erhoben Klage auf Nichtigerklärung der Artikel D.57 § 1, D.59 und D.105 § 1 Nr. 18, enthalten in Artikel 1 desselben Dekrets, sowie von dessen Artikel 26: die VoG « Comité de Coordination des Organisations Juives de Belgique. Section belge du Congrès juif mondial et Congrès juif européen », Yohan Benizri, Liliane Seidman und Jacques Grunicky, unterstützt und vertreten durch RÄin E. Cloots und RA S. Sottiaux, in Antwerpen zugelassen.

    4. Mit einer Klageschrift, die dem Gerichtshof mit am 26. Juni 2019 bei der Post aufgegebenem Einschreibebrief zugesandt wurde und am 27. Juni 2019 in der Kanzlei eingegangen ist, erhoben Klage auf Nichtigerklärung der Artikel D.57 § 1, D.59 und D.105 § 1 Nr. 18, enthalten in Artikel 1 desselben Dekrets, sowie von dessen Artikel 26: die « Exécutif des Musulmans de Belgique », der « Conseil de coordination des institutions islamiques de Belgique », die IVoG « Association internationale Diyanet de Belgique », die VoG « Fédération islamique de Belgique », die VoG « Rassemblement des Musulmans de Belgique », die VoG « Union des mosquées de la Province de Liège », die VoG « Unie van Moskeeën en islamitische verenigingen van Limburg », Hasan Batakli, Tahar Chahbi und Semsettin Ugurlu, unterstützt und vertreten durch RA J. Roets, in Antwerpen zugelassen.

      Diese unter den Nummern 7154, 7155, 7212 und 7220 ins Geschäftsverzeichnis des Gerichtshofes eingetragenen Rechtssachen wurden verbunden.

      (...)

  2. Rechtliche Würdigung

    (...)

    In Bezug auf die angefochtenen Bestimmungen und deren Kontext

    B.1.1. Die klagenden Parteien in der Rechtssache Nr. 7154 beantragen die Nichtigerklärung der Artikel D.57 § 1 und D.105 § 1 Nr. 18 des Wallonischen Gesetzbuches über den Tierschutz, das durch Artikel 1 des Dekrets vom 4. Oktober 2018 « zur Festlegung des Wallonischen Gesetzbuches über den Tierschutz » festgelegt wurde.

    Die klagenden Parteien in der Rechtssache Nr. 7155 beantragen die Nichtigerklärung der Artikel D.4 § 1 Nrn. 2, 16 und 26, D.57 und D.59 desselben Gesetzbuches, sowie von Artikel 26 des vorerwähnten Dekrets vom 4. Oktober 2018.

    Die klagenden Parteien in den Rechtssachen Nrn. 7212 und 7220 beantragen die Nichtigerklärung der Artikel D.57 § 1, D.59 und D.105 § 1 Nr. 18 desselben Gesetzbuches, sowie von Artikel 26 des vorerwähnten Dekrets vom 4. Oktober 2018.

    Durch die angefochtenen Bestimmungen wird ab dem 1. September 2019 ein Verbot der Schlachtung ohne vorherige Betäubung auferlegt.

    B.1.2. Artikel D.4 § 1 des Wallonischen Gesetzbuches über den Tierschutz bestimmt:

    Für die Anwendung des vorliegenden Gesetzbuches gelten folgende Definitionen:

    [...]

    2° Schlachtung: die Tötung von für den menschlichen Verzehr bestimmten Tieren;

    [...]

    16° Betäubung: jedes bewusst eingesetzte Verfahren, das ein Tier ohne Schmerzen in eine Wahrnehmungs- und Empfindungslosigkeit versetzt, einschließlich jedes Verfahrens, das zum sofortigen Tod führt;

    [...]

    26° Tötung: jedes bewusst eingesetzte Verfahren, das den Tod eines Tieres herbeiführt;

    [...]

    .

    Artikel D.57 des Wallonischen Gesetzbuches über den Tierschutz bestimmt:

    § 1. Ein Tier darf nur von einer Person, die die dazu notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt, und nach der selektivsten, schnellsten und für das Tier schmerzlosesten Methode getötet werden.

    Ein Tier wird nur nach einer Anästhesie oder Betäubung getötet, außer im Falle:

    1° höherer Gewalt;

    2° der Ausübung der Jagd oder der Fischerei;

    3° der Schädlingsbekämpfung;

    4° von im Sinne des Gesetzes über die Erhaltung der Natur vorgesehenen Tötungsaktionen.

    Wenn Tiere durch besondere, von religiösen Riten vorgeschriebene Schlachtmethoden getötet werden, muss das Betäubungsverfahren reversibel sein und darf nicht zum Tod des Tieres führen.

    § 2. Die Regierung kann die Tötung von Tieren am Aufzuchtort unter den von ihr festgelegten Bedingungen und Modalitäten erlauben.

    § 3. In Abweichung von Paragraph 1 werden die Modalitäten für die Tötung der in Kapitel 8 erwähnten Tiere durch und gemäß Artikel D.90 festgelegt

    .

    Artikel D.59 des Wallonischen Gesetzbuches über den Tierschutz bestimmt:

    Die Regierung bestimmt die Bedingungen und die Modalitäten in Bezug auf:

    1° die Fachkenntnis des Personals, das in den Schlachthöfen arbeitet, und der Personen, die an der Tötung der Tiere teilnehmen, einschließlich der Einführung von Ausbildungen und Prüfungen, sowie der Ausstellung, des Entzugs und der Aussetzung von in diesem Rahmen ausgestellten Bescheinigungen;

    2° die Qualifikation der Personen, die dazu befugt sind, die Tötung eines Tieres vorzunehmen;

    3° die Kontrolle und Selbstkontrolle der Schlachtungsbedingungen von der Ankunft der Tiere im Schlachthof bis zur ihrer Tötung;

    4° den Bau, die Einrichtung und Ausrüstung der Schlachthöfe;

    5° die Verwendung von Produkten oder Materialien, die für die Tötung der Tiere bestimmt sind

    .

    Artikel D.105 § 1 des Wallonischen Gesetzbuches über den Tierschutz bestimmt:

    Einen Verstoß der zweiten Kategorie im Sinne des Buches I des Umweltgesetzbuches begeht derjenige:

    [...]

    18° der unter Verstoß gegen Artikel D.57 oder gegen die gemäß diesem Artikel festgelegten Bedingungen ein Tier tötet oder töten lässt, ohne vorher eine Anästhesie oder Betäubung vorzunehmen;

    [...]

    .

    Artikel 26 des Dekrets vom 4. Oktober 2018 « zur Festlegung des Wallonischen Gesetzbuches über den Tierschutz » bestimmt:

    Bis zum 31. August 2019 gilt Artikel D.57 des Wallonischen Gesetzbuches über den Tierschutz nicht für die durch einen religiösen Ritus vorgeschriebenen Schlachtungen.

    Die Regierung kann das Verfahren und die Bedingungen für die Kontrollen vorsehen, durch die nachgewiesen wird, dass die Schlachtung im Rahmen eines religiösen Ritus vorgenommen wird

    .

    B.2.1. Durch diese Bestimmungen wurden Bestimmungen mit einer identischen Tragweite ersetzt, die in das Gesetz vom 14. August 1986 « über den Schutz und das Wohlbefinden der Tiere » durch das Dekret vom 18. Mai 2017 « zur Abänderung der Artikel 3, 15 und 16 und zur Einfügung eines Artikels 45ter in das Gesetz vom 14. August 1986 « über den Schutz und das Wohlbefinden der Tiere » eingefügt worden waren.

    Sie wurden erlassen auf der Grundlage der - seit der Sechsten Staatsreform (2014) - den Regionen zugewiesenen Zuständigkeit in Bezug auf das Wohlbefinden der Tiere (Artikel 6 § 1 XI des Sondergesetzes vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen).

    B.2.2. Der Gerichtshof wurde mit mehreren Nichtigkeitsklagen befasst, die sich gegen die Bestimmungen des vorerwähnten Dekrets vom 18. Mai 2017 richteten. Mit seinem Entscheid Nr. 53/2019 vom 4. April 2019 hat er festgestellt, dass die angefochtenen Bestimmungen des Dekrets vom 18. Mai 2017 durch Artikel 24 Absatz 1 Nr. 1 des Dekrets vom 4. Oktober 2018 « zur Festlegung des Wallonischen Gesetzbuches über den Tierschutz » aufgehoben worden waren und dass sie in Anbetracht des für ihr Inkrafttreten...

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