Auszug aus dem Entscheid Nr. 46/2021 vom 11. März 2021 Geschäftsverzeichnisnummer 7481 In Sachen: Klage auf teilweise einstweilige Aufhebung der Ordonnanz der Region Brüssel-Hauptstadt vom 29.

Auszug aus dem Entscheid Nr. 46/2021 vom 11. März 2021

Geschäftsverzeichnisnummer 7481

In Sachen: Klage auf teilweise einstweilige Aufhebung der Ordonnanz der Region Brüssel-Hauptstadt vom 29. Oktober 2020 « zur Abänderung der Ordonnanz vom 26. Juli 2013 zur Umsetzung der Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15. Februar 2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG und zur Abänderung des Brüsseler Kodex über das Steuerverfahren », erhoben von der faktischen Vereinigung « Belgian Association of Tax Lawyers » und anderen.

Der Verfassungsgerichtshof,

zusammengesetzt aus den Präsidenten L. Lavrysen und F. Daoût, und den Richtern J.-P. Moerman, T. Merckx-Van Goey, P. Nihoul, T. Giet, R. Leysen, J. Moerman, M. Pâques und Y. Kherbache, unter Assistenz des Kanzlers P.-Y. Dutilleux, unter dem Vorsitz des Präsidenten L. Lavrysen,

erlässt nach Beratung folgenden Entscheid:

  1. Gegenstand der Klagen und Verfahren

    Mit einer Klageschrift, die dem Gerichtshof mit am 11. Dezember 2020 bei der Post aufgegebenem Einschreibebrief zugesandt wurde und am 15. Dezember 2020 in der Kanzlei eingegangen ist, erhoben Klage auf teilweise einstweilige Aufhebung der Ordonnanz der Region Brüssel-Hauptstadt vom 29. Oktober 2020 « zur Abänderung der Ordonnanz vom 26. Juli 2013 zur Umsetzung der Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15. Februar 2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG und zur Abänderung des Brüsseler Kodex über das Steuerverfahren » (veröffentlicht im Belgischen Staatsblatt vom 6. November 2020, zweite Ausgabe): die faktische Vereinigung « Belgian Association of Tax Lawyers », Paul Verhaeghe und Gerd Goyvaerts, unterstützt und vertreten durch RA P. Malherbe, in Brüssel zugelassen.

    Mit derselben Klageschrift beantragen die klagenden Parteien ebenfalls die teilweise Nichtigerklärung derselben Ordonnanz.

    (...)

  2. Rechtliche Würdigung

    (...)

    In Bezug auf die angefochtenen Bestimmungen

    B.1.1. Die klagenden Parteien beantragen die Nichtigerklärung verschiedener Bestimmungen der Ordonnanz der Region Brüssel-Hauptstadt vom 29. Oktober 2020 « zur Abänderung der Ordonnanz vom 26. Juli 2013 zur Umsetzung der Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15. Februar 2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG und zur Abänderung des Brüsseler Kodex über das Steuerverfahren » (nachstehend: Ordonnanz vom 29. Oktober 2020). Sie beantragen ebenfalls die einstweilige Aufhebung der Artikel 4, 6 und 11 dieser Ordonnanz.

    Diese Ordonnanz setzt die Richtlinie (EU) 2018/822 des Rates vom 25. Mai 2018 « zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich des verpflichtenden automatischen Informationsaustauschs im Bereich der Besteuerung über meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltungen » (nachstehend: Richtlinie (EU) 2018/822) um. Aus dem zweiten Erwägungsgrund dieser Richtlinie ergibt sich, dass diese sich im Rahmen der Bemühungen der Europäischen Union bewegt, Steuertransparenz auf Unionsebene zu berücksichtigen:

    Für die Mitgliedstaaten wird es immer schwieriger, ihre nationalen Steuerbemessungsgrundlagen gegen Aushöhlung zu schützen, da die Steuerplanungsstrukturen immer ausgefeilter werden und sich häufig die höhere Mobilität von Kapital und Personen im Binnenmarkt zunutze machen. Derartige Strukturen umfassen häufig Gestaltungen, die für mehrere Hoheitsgebiete gemeinsam entwickelt werden und durch die steuerpflichtige Gewinne in Staaten mit vorteilhafteren Steuersystemen verlagert werden oder die eine Verringerung der Gesamtsteuerbelastung der Steuerpflichtigen bewirken. Infolgedessen kommt es häufig zu einem beträchtlichen Rückgang der Steuereinnahmen in den Mitgliedstaaten, was diese wiederum daran hindert, eine wachstumsfreundliche Steuerpolitik zu verfolgen. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass die Steuerbehörden der Mitgliedstaaten umfassende und relevante Informationen über potenziell aggressive Steuergestaltungen erhalten. Diese Informationen würden die Behörden in die Lage versetzen, zeitnah gegen schädliche Steuerpraktiken vorzugehen und Schlupflöcher durch den Erlass von Rechtsvorschriften oder durch die Durchführung geeigneter Risikoabschätzungen sowie durch Steuerprüfungen zu schließen

    .

    Konkret müssen die Mitgliedstaaten eine zuständige Behörde benennen, die für den Austausch notwendiger Informationen über aggressive Steuergestaltungen zwischen den Mitgliedstaaten verantwortlich ist. Damit die zuständigen Behörden über diese Informationen verfügen können, führt die Richtlinie eine Meldepflicht für potenzielle aggressive grenzüberschreitende Steuergestaltungen ein.

    B.1.2. Die Meldepflicht trifft in erster Linie die sogenannten Intermediäre, die normalerweise an der Umsetzung solcher Gestaltungen beteiligt sind. Wenn jedoch solche Intermediäre fehlen oder sie sich auf eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht berufen können, trifft die Meldepflicht den Steuerpflichtigen:

    (6) Die Meldung potenziell aggressiver grenzüberschreitender Steuerplanungsgestaltungen kann die Bemühungen zur Schaffung einer gerechten Besteuerung im Binnenmarkt nachhaltig unterstützen. Hier würde die Verpflichtung der Intermediäre, die Steuerbehörden über bestimmte grenzüberschreitende Gestaltungen zu informieren, die möglicherweise für aggressive Steuerplanung genutzt werden könnten, einen Schritt in die richtige Richtung darstellen. [...]

    [...]

    (8) Um das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten und Schlupflöcher in den vorgeschlagenen Rahmenvorschriften zu vermeiden, sollten alle Akteure, die normalerweise an der Konzeption, Vermarktung, Organisation oder Verwaltung der Umsetzung einer meldepflichtigen grenzüberschreitenden Transaktion oder einer Reihe solcher Transaktionen beteiligt sind, sowie alle, die Unterstützung oder Beratung leisten, zur Meldung verpflichtet sein. Es darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass in bestimmten Fällen die Meldepflicht eines Intermediärs aufgrund einer gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht nicht durchsetzbar ist oder gar kein Intermediär vorhanden ist, weil beispielsweise der Steuerpflichtige eine Steuerplanungsgestaltung selbst konzipiert und umsetzt. Es wäre äußerst wichtig, dass die Steuerbehörden in solchen Fällen weiterhin die Möglichkeit haben, Informationen über Steuergestaltungen zu erhalten, die potenziell mit aggressiver Steuerplanung verbunden sind. Hierfür müsste die Meldepflicht auf den Steuerpflichtigen verlagert werden, der in diesen Fällen von der Gestaltung profitiert

    (Erwägungsgründe 6-8).

    B.1.3. Zur Umsetzung dieser Meldepflicht in der Region Brüssel-Hauptstadt führt die Ordonnanz vom 29. Oktober 2020 einige Abänderungen an der Ordonnanz vom 26. Juli 2013 « zur Umsetzung der Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15. Februar 2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG » (nachstehend: Ordonnanz vom 26. Juli 2013) durch.

    Durch Artikel 4 Nr. 2 der angefochtenen Ordonnanz werden in Artikel 5 der Ordonnanz vom 26. Juli 2013 mehrere Definitionen eingeführt:

    19° dispositif transfrontière : un dispositif concernant plusieurs Etats membres ou un Etat membre et un pays tiers si au moins une des conditions suivantes est remplie :

    a) tous les participants au dispositif ne sont pas résidents à des fins fiscales dans la même juridiction;

    b) un ou plusieurs des participants au dispositif sont résidents à des fins fiscales dans plusieurs juridictions simultanément;

    c) un ou plusieurs des participants au dispositif exercent une activité dans une autre juridiction par l'intermédiaire d'un établissement stable situé dans cette juridiction et le dispositif constitue une partie ou la totalité de l'activité de cet établissement stable;

    d) un ou plusieurs des participants au dispositif exercent une activité dans une autre juridiction sans être résidents à des fins fiscales ni créer d'établissement stable dans cette juridiction;

    e) un tel dispositif peut avoir des conséquences sur l'échange automatique d'informations ou sur l'identification des bénéficiaires effectifs.

    Aux fins des 19° à 26° de l'article 5/1 et de l'article 9/2, on entend également par dispositif une série de dispositifs. Un dispositif peut comporter plusieurs étapes ou parties;

    20° dispositif transfrontière devant faire l'objet d'une déclaration : tout dispositif transfrontière comportant au moins l'un des marqueurs visés à l'article 5/1;

    21° marqueur : une caractéristique ou particularité d'un dispositif transfrontière visé à l'article 5/1, qui indique un risque potentiel d'évasion fiscale;

    22° intermédiaire : toute personne qui conçoit, commercialise ou organise un dispositif transfrontière devant faire l'objet d'une déclaration, le met à disposition aux fins de sa mise en oeuvre ou en gère la mise en oeuvre.

    On entend également par ce terme toute personne qui, compte tenu des faits et circonstances pertinents et sur la base des informations disponibles ainsi que de l'expertise en la matière et de la compréhension qui sont nécessaires pour fournir de tels services, sait ou pourrait raisonnablement être censée savoir qu'elle s'est engagée à fournir, directement ou par l'intermédiaire d'autres personnes, une aide, une assistance ou des conseils concernant la conception, la commercialisation ou l'organisation d'un dispositif transfrontière devant faire l'objet d'une déclaration, ou concernant sa mise à disposition aux fins de mise en oeuvre ou la gestion de sa mise en oeuvre.

    Toute personne a le droit de fournir des éléments prouvant qu'elle ne savait pas et ne pouvait pas raisonnablement être censée savoir qu'elle participait à un dispositif transfrontière devant faire l'objet d'une déclaration. A cette fin, cette personne peut invoquer tous les faits et circonstances pertinents ainsi que les...

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