Auszug aus dem Entscheid Nr. 144/2020 vom 12. November 2020 Geschäftsverzeichnisnummer 7134 In Sachen: Klage auf teilweise Nichtigerklärung des Dekrets der Wallonischen Region vom 19. Juli 2018 «

Auszug aus dem Entscheid Nr. 144/2020 vom 12. November 2020

Geschäftsverzeichnisnummer 7134

In Sachen: Klage auf teilweise Nichtigerklärung des Dekrets der Wallonischen Region vom 19. Juli 2018 « zur Abänderung des Dekrets vom 12. April 2001 bezüglich der Organisation des regionalen Elektrizitätsmarkts und des Dekrets vom 19. Januar 2017 über die Tarifmethodik, die auf die Betreiber von Strom- und Gasverteilernetzen anwendbar ist, zwecks des Einsatzes intelligenter Zähler und der Förderung der Flexibilität », erhoben von der VoG « Groupe de Réflexion et d'Action Pour une Politique Ecologique » und anderen.

Der Verfassungsgerichtshof,

zusammengesetzt aus den Präsidenten F. Daoût und L. Lavrysen, den Richtern J.-P. Moerman, T. Merckx-Van Goey, P. Nihoul, T. Giet, R. Leysen, J. Moerman, M. Pâques, Y. Kherbache und T. Detienne, und dem emeritierten Präsidenten A. Alen gemäß Artikel 60bis des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof, unter Assistenz des Kanzlers P.-Y. Dutilleux, unter dem Vorsitz des Präsidenten F. Daoût,

erlässt nach Beratung folgenden Entscheid:

  1. Gegenstand der Klage und Verfahren

    Mit einer Klageschrift, die dem Gerichtshof mit am 4. März 2019 bei der Post aufgegebenem Einschreibebrief zugesandt wurde und am 5. März 2019 in der Kanzlei eingegangen ist, erhoben Klage auf Nichtigerklärung der Artikel 2 Nrn. 2 und 5, 4 Nr. 14, 7, 8, 12 Nrn. 4 und 5, 14 bis 18, 24, 27 und 28 des Dekrets der Wallonischen Region vom 19. Juli 2018 « zur Abänderung des Dekrets vom 12. April 2001 bezüglich der Organisation des regionalen Elektrizitätsmarkts und des Dekrets vom 19. Januar 2017 über die Tarifmethodik, die auf die Betreiber von Strom- und Gasverteilernetzen anwendbar ist, zwecks des Einsatzes intelligenter Zähler und der Förderung der Flexibilität » (veröffentlicht im Belgischen Staatsblatt vom 6. September 2018): die VoG « Groupe de Réflexion et d'Action Pour une Politique Ecologique », die VoG « Fin du nucléaire », die VoG « Nature & Progrès Belgique », die VoG « Institut Supérieur de Naturopathie Traditionnelle », Eric Defourny und Martine Dardenne, unterstützt und vertreten durch RA D. Brusselmans, in Namur zugelassen.

    (...)

  2. Rechtliche Würdigung

    (...)

    In Bezug auf die angefochtenen Bestimmungen und deren Kontext

    B.1.1. Die klagenden Parteien beantragen die Nichtigerklärung verschiedener Bestimmungen des Dekrets der Wallonischen Region vom 19. Juli 2018 « zur Abänderung des Dekrets vom 12. April 2001 bezüglich der Organisation des regionalen Elektrizitätsmarkts und des Dekrets vom 19. Januar 2017 über die Tarifmethodik, die auf die Betreiber von Strom- und Gasverteilernetzen anwendbar ist, zwecks des Einsatzes intelligenter Zähler und der Förderung der Flexibilität » (nachstehend: Dekret vom 19. Juli 2018).

    Mit den angefochtenen Bestimmungen wird hauptsächlich das Dekret der Wallonischen Region vom 12. April 2001 « bezüglich der Organisation des regionalen Elektrizitätsmarkts » (nachstehend: Dekret vom 12. April 2001) abgeändert. Durch den angefochtenen Artikel 28 des Dekrets vom 19. Juli 2018 wird das Dekret der Wallonischen Region vom 19. Januar 2017 « über die Tarifmethodik, die auf die Betreiber von Strom- und Gasverteilernetzen anwendbar ist » ergänzt.

    B.1.2. Der intelligente Zähler ist in Artikel 2 Nr. 29bis des Dekrets vom 12. April 2001, der durch den angefochtenen Artikel 2 Nr. 2 des Dekrets vom 19. Juli 2018 eingefügt wurde, wie folgt definiert:

    ein elektronisches System, das die entnommene oder zugeführte Energie messen kann und dabei Informationen hinzufügt, die ein klassischer Zähler nicht liefert, das Daten elektronisch übermitteln oder empfangen kann, und das zwecks der Gewährleistung der Funktionen nach Artikel 35bis § 2 ferngesteuert werden kann. Dieses elektronische Messsystem funktioniert mit einem Niederspannungsanschluss, dessen Anschlussleistung höchstens 56 kVA beträgt

    .

    Intelligente Zähler sind einer der Bestandteile eines « intelligenten Netzes », das in Artikel 2 Nr. 29ter des Dekrets vom 12. April 2001, der durch den angefochtenen Artikel 2 Nr. 2 des Dekrets vom 19. Juli 2018 eingefügt wurde, wie folgt definiert ist:

    ein fortgeschrittenes Energienetzwerk, bestehend aus bidirektionalen Kommunikationsnetzen, intelligenten Zählern, und Mess- und Netz-Management-Systemen

    .

    B.1.3. Intelligente Stromzähler verfügen ab ihrer Einrichtung oder gegebenenfalls ab Aktivierung einer Kommunikationsfunktion über Funktionen, die sie von herkömmlichen Stromzählern, das heißt von analogen oder elektronischen Zählern, die keine Daten übermitteln oder empfangen können, unterscheiden.

    Die Funktionen, über die ein intelligenter Stromzähler mindestens verfügt, sind nach Artikel 35bis § 2 des Dekrets vom 12. April 2001 folgende:

    - Betrieb im Vorauszahlungsmodus und Anzeige auf dem Zählerbildschirm einer Einschätzung des verfügbaren Restbetrags;

    - gesicherte Fernablesung der Zählerstände für die entnommene und eingespeiste Wirkenergie für jede Tarifzeit. Die Tageszählerstände pro Tarifzeit müssen die letzten vierzig Tage und die monatlichen Zählerstände pro Tarifzeit müssen die letzten dreizehn Monate abdecken;

    - die Abgrenzung der verschiedenen Tarifzeiten;

    - Fernabschaltung und -wiedereinschaltung des Zählers;

    - Fernablesung der Lastkurven im Sinne der technischen Regelung für die letzten zehn Tage;

    - Fernmodulierung der vertraglichen Leistung;

    - Fernüberwachung und Aufzeichnung von Alarmsignalen;

    - Rekonfiguration und Durchführung von Fernaktualisierungen und

    - Verfolgung der Entwicklung der Stromspannung.

    B.2.1. Ein möglichst breiter Einsatz von intelligenten Stromzählern ist vom Recht der Europäischen Union vorgeschrieben und trägt zur Umsetzung der Energiepolitik der Europäischen Union bei.

    B.2.2.1. Artikel 3 Absatz 11 der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 « über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG » (nachstehend: Richtlinie 2009/72/EG) bestimmt:

    Um die Energieeffizienz zu fördern, empfehlen die Mitgliedstaaten oder, wenn dies von einem Mitgliedstaat vorgesehen ist, die Regulierungsbehörden nachdrücklich, dass die Elektrizitätsunternehmen den Stromverbrauch optimieren, indem sie beispielsweise Energiemanagementdienstleistungen anbieten, neuartige Preismodelle entwickeln oder gegebenenfalls intelligente Messsysteme oder intelligente Netze einführen

    .

    B.2.2.2. Anhang I (« Maßnahmen zum Schutz der Kunden ») derselben Richtlinie bestimmt unter Ziffer 2:

    Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass intelligente Messsysteme eingeführt werden, durch die die aktive Beteiligung der Verbraucher am Stromversorgungsmarkt unterstützt wird. Die Einführung dieser Messsysteme kann einer wirtschaftlichen Bewertung unterliegen, bei der alle langfristigen Kosten und Vorteile für den Markt und die einzelnen Verbraucher geprüft werden sowie untersucht wird, welche Art des intelligenten Messens wirtschaftlich vertretbar und kostengünstig ist und in welchem zeitlichen Rahmen die Einführung praktisch möglich ist.

    Entsprechende Bewertungen finden bis 3. September 2012 statt.

    Anhand dieser Bewertung erstellen die Mitgliedstaaten oder eine von ihnen benannte zuständige Behörde einen Zeitplan mit einem Planungsziel von 10 Jahren für die Einführung der intelligenten Messsysteme.

    Wird die Einführung intelligenter Zähler positiv bewertet, so werden mindestens 80 % der Verbraucher bis 2020 mit intelligenten Messsystemen ausgestattet.

    Die Mitgliedstaaten oder die von ihnen benannten zuständigen Behörden sorgen für die Interoperabilität der Messsysteme, die in ihrem Hoheitsgebiet eingesetzt werden, und tragen der Anwendung der entsprechenden Normen und bewährten Verfahren sowie der großen Bedeutung, die dem Ausbau des Elektrizitätsbinnenmarkts zukommt, gebührend Rechnung

    .

    B.2.3.1. Das « intelligente Verbrauchserfassungssystem » ist durch Artikel 2 Nummer 28 der Richtlinie 2012/27/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 « zur Energieeffizienz, zur Änderung der Richtlinien 2009/125/EG und 2010/30/EU und zur Aufhebung der Richtlinien 2004/8/EG und 2006/32/EG » (nachstehend: Richtlinie 2012/27/EU) definiert. Es handelt sich um

    ein elektronisches System zur Messung des Energieverbrauchs, wobei mehr Informationen angezeigt werden als bei einem herkömmlichen Zähler, und Daten auf einem elektronischen Kommunikationsweg übertragen und empfangen werden können

    .

    Die auf europäischer Ebene verwendete Definition des intelligenten Messsystems stimmt also weitgehend mit der des « intelligenten Zählers » überein, die in Artikel 2 Nr. 29bis des Dekrets vom 12. April 2001 enthalten ist.

    B.2.3.2. Die Europäische Union betrachtet intelligente Messsysteme als einen Schritt zur Einführung von intelligenten Messnetzen.

    Das « intelligente Netz » wird definiert als

    ein modernisiertes Energienetz, das um einen digitalen bidirektionalen Kommunikationskanal zwischen dem Versorgungsunternehmen und dem Verbraucher sowie um intelligente Mess-, Überwachungs- und Steuerungssysteme erweitert wurde

    (Nummer 3 Buchstabe a der Empfehlung der Kommission vom 9. März 2012 « zu Vorbereitungen für die Einführung intelligenter Messsysteme (2012/148/EU) » (nachstehend: Empfehlung 2012/148/EU) und Nummer 2 Buchstabe a der Empfehlung der Kommission vom 10. Oktober 2014 « über das Muster für die Datenschutz-Folgenabschätzung für intelligente Netze und intelligente Messsysteme (2014/724/EU) » (nachstehend: Empfehlung 2014/724/EU)).

    Die Einführung intelligenter Netze ist « eine Voraussetzung für die Umsetzung wichtiger energiepolitischer Maßnahmen ». Als « Rückgrat des künftigen CO2-armen Stromsystems » gelten intelligente Messsysteme « als Faktor, der zum Umbau der Energieinfrastruktur im Hinblick auf die Einbeziehung eines höheren Anteils erneuerbarer Energien, die Verbesserung der Energieeffizienz und die Gewährleistung der Versorgungssicherheit beiträgt » (Auszüge aus den...

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