Auszug aus dem Entscheid Nr. 79/2020 vom 4. Juni 2020 Geschäftsverzeichnisnummer 6681 In Sachen: Klage auf Nichtigerklärung der Artikel 122 und 123 des Programmgesetzes vom 25. Dezember 2016

Auszug aus dem Entscheid Nr. 79/2020 vom 4. Juni 2020

Geschäftsverzeichnisnummer 6681

In Sachen: Klage auf Nichtigerklärung der Artikel 122 und 123 des Programmgesetzes vom 25. Dezember 2016 (Abänderung der Artikel 120 und 1262 des Gesetzbuches der verschiedenen Gebühren und Steuern), erhoben von der « Anton van Zantbeek » oHG.

Der Verfassungsgerichtshof,

zusammengesetzt aus den Präsidenten A. Alen und F. Daoût, und den Richtern L. Lavrysen, J.-P. Moerman, T. Merckx-Van Goey, P. Nihoul, T. Giet, R. Leysen, M. Pâques und Y. Kherbache, unter Assistenz des Kanzlers F. Meersschaut, unter dem Vorsitz des Präsidenten A. Alen,

erlässt nach Beratung folgenden Entscheid:

  1. Gegenstand der Klage und Verfahren

    Mit einer Klageschrift, die dem Gerichtshof mit am 20. Juni 2017 bei der Post aufgegebenem Einschreibebrief zugesandt wurde und am 21. Juni 2017 in der Kanzlei eingegangen ist, erhob die « Anton van Zantbeek » oHG, unterstützt und vertreten durch RÄin A. Maelfait, in Gent zugelassen, Klage auf Nichtigerklärung der Artikel 122 und 123 des Programmgesetzes vom 25. Dezember 2016 (Abänderung der Artikel 120 und 1262 des Gesetzbuches der verschiedenen Gebühren und Steuern), veröffentlicht im Belgischen Staatsblatt vom 29. Dezember 2016, zweite Ausgabe.

    In seinem Zwischenentscheid Nr. 149/2018 vom 8. November 2018, veröffentlicht im Belgischen Staatsblatt vom 28. Dezember 2018, hat der Verfassungsgerichtshof dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Vorabentscheidungsfragen gestellt:

    1. Sind Artikel 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und Artikel 36 des Abkommens vom 2. Mai 1992 über den Europäischen Wirtschaftsraum dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung zur Einführung einer Steuer auf Börsengeschäfte im Sinne der Artikel 120 und 1262 des belgischen Gesetzbuches der verschiedenen Gebühren und Steuern entgegenstehen, die zur Folge hat, dass der belgische Auftraggeber Schuldner dieser Steuer wird, wenn der gewerbliche Vermittler im Ausland ansässig ist?

    2. Sind Artikel 63 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und Artikel 40 des Abkommens vom 2. Mai 1992 über den Europäischen Wirtschaftsraum dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung zur Einführung einer Steuer auf Börsengeschäfte im Sinne der Artikel 120 und 1262 des belgischen Gesetzbuches der verschiedenen Gebühren und Steuern entgegenstehen, die zur Folge hat, dass der belgische Auftraggeber Schuldner dieser Steuer wird, wenn der gewerbliche Vermittler im Ausland ansässig ist?

    3. Könnte der Verfassungsgerichtshof, wenn er aufgrund der Antwort auf die erste und zweite Vorabentscheidungsfrage schlussfolgern sollte, dass die angefochtenen Artikel eine oder mehrere der sich aus den in diesen Fragen erwähnten Bestimmungen ergebenden Verpflichtungen verletzen, die Folgen der Artikel 120 und 1262 des belgischen Gesetzbuches der verschiedenen Gebühren und Steuern vorübergehend aufrechterhalten, um Rechtsunsicherheit zu vermeiden und es dem Gesetzgeber zu ermöglichen, sie mit diesen Verpflichtungen in Einklang zu bringen?

    .

    In seinem Urteil vom 30. Januar 2020 in der Rechtssache C-725/18 hat der Gerichtshof der Europäischen Union auf die Fragen geantwortet.

    (...)

  2. Rechtliche Würdigung

    (...)

    In Bezug auf die angefochtenen Bestimmungen und deren Kontext

    B.1. Die klagende Partei, die « Anton van Zantbeek » oHG, beantragt die Nichtigerklärung der Artikel 122 und 123 des Programmgesetzes vom 25. Dezember 2016. Die vorerwähnten Artikel ergänzen die Artikel 120 und 126 des Gesetzbuches der verschiedenen Gebühren und Steuern um einen Absatz 2, sodass der Anwendungsbereich der Steuer auf Börsengeschäfte erweitert wird.

    B.2.1. Die Steuer auf Börsengeschäfte wurde durch das Gesetz vom 30. August 1913 eingeführt und wurde später zusammen mit der Steuer auf Reporte in Buch II Titel I (« Steuer auf Börsengeschäfte und Reporte ») des Gesetzbuches der verschiedenen Gebühren und Steuern aufgenommen.

    B.2.2. Der Steuer auf Börsengeschäfte unterliegen die Geschäfte, die in Belgien abgeschlossen oder ausgeführt werden und belgische oder ausländische öffentliche Fonds betreffen, sofern das Geschäft durch Vermittlung eines gewerblichen Vermittlers zustande kommt (Artikel 1261 des Gesetzbuches der verschiedenen Gebühren und Steuern).

    Es handelt sich insbesondere um jeden Verkauf, Ankauf und Verzicht sowie jeden entgeltlichen Erwerb und jeden Rückkauf eigener Aktien durch eine Investmentgesellschaft, wenn sich das Geschäft auf Kapitalisierungsaktien bezieht (Artikel 120 Absatz 1 des Gesetzbuches der verschiedenen Gebühren und Steuern).

    B.3.1. Der durch den angefochtenen Artikel 122 des Programmgesetzes vom 25. Dezember 2016 eingeführte Absatz 2 des Artikels 120 des Gesetzbuches der verschiedenen Gebühren und Steuern bestimmt:

    Les opérations visées à l'alinéa 1er sont également réputées être conclues ou exécutées en Belgique lorsque l'ordre relatif aux opérations est donné directement ou indirectement à un intermédiaire établi à l'étranger :

    - soit par une personne physique ayant sa résidence habituelle en Belgique;

    - soit par une personne morale pour le compte d'un siège ou d'un établissement de celle-ci en Belgique

    .

    Der durch den angefochtenen Artikel 123 des Programmgesetzes vom 25. Dezember 2016 eingeführte Absatz 2 des Artikels 126 des Gesetzbuches der verschiedenen Gebühren und Steuern bestimmt:

    Toutefois, lorsque l'intermédiaire professionnel est établi à l'étranger, le donneur d'ordre est redevable de la taxe et est assujetti aux obligations visées à l'article 125, sauf s'il peut établir que la taxe a été acquittée

    .

    B.3.2. Durch die angefochtenen Bestimmungen möchte der Gesetzgeber den Anwendungsbereich der Steuer auf Börsengeschäfte erweitern, weil, « wenn ein in Belgien ansässiger Auftraggeber sich allerdings unmittelbar oder mittelbar an einen im Ausland ansässigen Vermittler wendet, der nicht bei der FSMA registriert ist, die Geschäfte im Allgemeinen im Ausland realisiert werden, sodass die Steuer nicht geschuldet wird » (Parl. Dok., Kammer, 2016-2017, DOC 54-2208/001, S. 80):

    Pour cette raison, l'article 120 du Code est complété par un nouvel alinéa par lequel dorénavant les opérations réalisées par des intermédiaires établis à l'étranger sont considérées comme conclues ou exécutées en Belgique dès lors que l'ordre (achat ou vente) est donné à l'intermédiaire établi à l'étranger, soit par une personne physique qui a sa résidence habituelle en Belgique, soit par une personne morale à partir de son siège ou d'un établissement situé en Belgique.

    [...] La pratique fait apparaître que l'application de [la] TOB n'était pas tout à fait évidente dans ce cas. Le gouvernement a ainsi choisi d'adapter la disposition légale relative aux critères d'assujettissement. La TOB vise dès lors également les entités qui, à l'étranger, offrent une plateforme pour des investisseurs belges

    .

    Außerdem sollen die angefochtenen Gesetzesänderungen den unlauteren Wettbewerb zwischen in Belgien ansässigen und im Ausland ansässigen gewerblichen Vermittlern bekämpfen:

    La non-imputation de la taxe boursière par un certain nombre de brokers...

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