Auszug aus dem Entscheid Nr. 76/2018 vom 21. Juni 2018 Geschäftsverzeichnisnummer 6491 In Sachen: Klage auf Nichtigerklärung des Gesetzes vom 29. Januar 2016 über die Benutzung der Videokonferenz

Auszug aus dem Entscheid Nr. 76/2018 vom 21. Juni 2018

Geschäftsverzeichnisnummer 6491

In Sachen: Klage auf Nichtigerklärung des Gesetzes vom 29. Januar 2016 über die Benutzung der Videokonferenz für das Erscheinen von Beschuldigten in Untersuchungshaft, erhoben von der Kammer der französischsprachigen und deutschsprachigen Rechtsanwaltschaften.

Der Verfassungsgerichtshof,

zusammengesetzt aus dem Präsidenten J. Spreutels, dem vorsitzenden Richter L. Lavrysen, und den Richtern J.-P. Snappe, J.-P. Moerman, E. Derycke, T. Merckx-Van Goey, P. Nihoul, F. Daoût, R. Leysen und J. Moerman, unter Assistenz des Kanzlers F. Meersschaut, unter dem Vorsitz des Präsidenten J. Spreutels,

erlässt nach Beratung folgenden Entscheid:

  1. Gegenstand der Klage und Verfahren

    Mit einer Klageschrift, die dem Gerichtshof mit am 11. August 2016 bei der Post aufgegebenem Einschreibebrief zugesandt wurde und am 12. August 2016 in der Kanzlei eingegangen ist, erhob die Kammer der französischsprachigen und deutschsprachigen Rechtsanwaltschaften, unterstützt und vertreten durch RA M. Neve und RA Z. Maglioni, in Lüttich zugelassen, Klage auf Nichtigerklärung des Gesetzes vom 29. Januar 2016 über die Benutzung der Videokonferenz für das Erscheinen von Beschuldigten in Untersuchungshaft (veröffentlicht im Belgischen Staatsblatt vom 19. Februar 2016, vierte Ausgabe).

    (...)

  2. Rechtliche Würdigung

    (...)

    B.1. Gegenstand der Klage auf Nichtigerklärung ist das Gesetz vom 29. Januar 2016 « über die Benutzung der Videokonferenz für das Erscheinen von Beschuldigten in Untersuchungshaft ».

    B.2.1 Artikel 2 des Gesetzes vom 29. Januar 2016 fügt die Wörter, « sei es über Videokonferenz oder nicht, wenn sich der Beschuldigte in Untersuchungshaft befindet », in Artikel 127 des Strafprozessgesetzbuches ein, der nach dieser Änderung bestimmt:

    § 1. Wenn der Untersuchungsrichter seine gerichtliche Untersuchung für beendet erachtet, übermittelt er dem Prokurator des Königs die Akte.

    Wenn der Prokurator des Königs keine weiteren Untersuchungshandlungen mehr fordert, beantragt er die Regelung des Verfahrens durch die Ratskammer.

    § 2. Die Ratskammer lässt mindestens fünfzehn Tage im Voraus in einem zum entsprechenden Zweck bestimmten Register bei der Kanzlei Ort, Tag und Uhrzeit des Erscheinens vermerken. Diese Frist wird auf drei Tage verkürzt, wenn sich einer der Beschuldigten in Untersuchungshaft befindet. [...]

    [...]

    § 4. Die Ratskammer befindet über den Bericht des Untersuchungsrichters, nachdem sie den Prokurator des Königs, die Zivilpartei und den Beschuldigten angehört hat.

    Die Parteien können sich von einem Beistand beistehen oder sich von ihm vertreten lassen. Die Ratskammer kann jedoch das persönliche Erscheinen der Parteien, sei es über Videokonferenz oder nicht, wenn sich der Beschuldigte in Untersuchungshaft befindet, anordnen. Gegen diesen Beschluss kann kein Rechtsmittel eingelegt werden. Der Beschluss wird der betreffenden Partei auf Antrag des Prokurators des Königs zugestellt und enthält die Ladung, am festgelegten Datum zu erscheinen. Erscheint besagte Partei nicht, befindet die Ratskammer und der Beschluss gilt als kontradiktorisch.

    [...]

    .

    B.2.2.1. Die Artikel 3 bis 6 des Gesetzes vom 29. Januar 2016 fügen in mehrere Bestimmungen des Strafprozessgesetzbuches einen Satz mit folgendem Wortlaut ein:

    Die Anklagekammer kann beschließen, dass der Beschuldigte, der sich in Untersuchungshaft befindet, über Videokonferenz erscheint

    .

    B.2.2.2 Nach seiner Änderung durch Artikel 3 dieses Gesetzes bestimmt Artikel 135 des Strafprozessgesetzbuches:

    § 1. Die Staatsanwaltschaft und die Zivilpartei können gegen alle Beschlüsse der Ratskammer Berufung einlegen.

    [...]

    § 3 Die Berufung muss binnen einer Frist von fünfzehn Tagen durch eine Erklärung bei der Kanzlei des Gerichts, das den Beschluss erlassen hat, eingelegt werden. Diese Frist läuft ab dem Tag des Beschlusses.

    [...]

    Der Greffier benachrichtigt die Parteien und ihre Beistände per Fax oder Einschreibebrief über Ort, Tag und Uhrzeit der Sitzung. Die Akte wird ihnen spätestens fünfzehn Tage vor der Sitzung zur Verfügung gestellt.

    Die Anklagekammer befindet über die Berufung, nachdem der Generalprokurator, die Parteien und ihre Beistände angehört worden sind.

    Sie hört - in öffentlicher Sitzung, wenn sie sich auf Antrag einer der Parteien dafür entscheidet - die Ausführungen des Generalprokurators, der Zivilpartei und des Beschuldigten an.

    Die Anklagekammer kann beschließen, dass der Beschuldigte, der sich in Untersuchungshaft befindet, über Videokonferenz erscheint.

    § 4. Wenn jedoch einer der Beschuldigten inhaftiert ist, muss die Berufung binnen einer Frist von vierundzwanzig Stunden, die gegen die Staatsanwaltschaft und gegen jede der Parteien ab dem Tag zu laufen beginnt, wo der Beschluss erlassen wird, eingelegt werden

    .

    B.2.2.3 Nach seiner Änderung durch Artikel 4 des Gesetzes vom 29. Januar 2016 bestimmt Artikel 136bis des Strafprozessgesetzbuches:

    Der Prokurator des Königs erstattet dem Generalprokurator Bericht über alle Sachen, über die die Ratskammer nicht binnen einem Jahr ab dem ersten Antrag befunden hat.

    Wenn der Generalprokurator der Ansicht ist, dass es für den reibungslosen Verlauf der gerichtlichen Untersuchung, die Rechtmäßigkeit oder die Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens notwendig ist, stellt er bei der Anklagekammer jederzeit die Anträge, die er für nötig erachtet.

    In diesem Fall kann die Anklagekammer, selbst von Amts wegen, die in den Artikeln 136, 235 und 235bis vorgesehenen Maßnahmen ergreifen.

    Der Generalprokurator wird angehört.

    Die Anklagekammer kann den Bericht des Untersuchungsrichters, wenn sie es für nötig erachtet, in Abwesenheit der Parteien anhören. Sie kann ebenfalls die Zivilpartei, den Beschuldigten und ihre Beistände anhören, nachdem diese spätestens achtundvierzig Stunden vor der Sitzung per Fax oder Einschreibebrief vom Greffier vorgeladen worden sind.

    Die Anklagekammer kann beschließen, dass der Beschuldigte, der sich in Untersuchungshaft befindet, über Videokonferenz erscheint

    .

    B.2.2.4 Nach seiner Änderung durch Artikel 5 des Gesetzes vom 29. Januar 2016 bestimmt Artikel 235bis des Strafprozessgesetzbuches, der den Assisenhof betrifft:

    § 1. Bei der Regelung des Verfahrens überprüft die Anklagekammer auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder auf Antrag einer der Parteien die Regelmäßigkeit des ihr vorgelegten Verfahrens. Sie kann dies auch von Amts wegen tun.

    § 2. Die Anklagekammer verfährt auf die gleiche Weise in den anderen Fällen, in denen sie mit der Sache befasst wird.

    § 3. Wenn die Anklagekammer von Amts wegen die Regelmäßigkeit des Verfahrens überprüft und ein Nichtigkeits-, Unzulässigkeits- oder Erlöschensgrund für die Strafverfolgung bestehen könnte, ordnet sie die Wiedereröffnung der Verhandlung an.

    § 4. Die Anklagekammer hört - in öffentlicher Sitzung, wenn sie sich auf Antrag einer der Parteien dafür entscheidet - die Ausführungen des Generalprokurators, der Zivilpartei und des Beschuldigten an und zwar ungeachtet dessen, ob die Regelung des Verfahrens auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder auf Antrag einer der Parteien überprüft wird. Die Anklagekammer kann beschließen, dass der Beschuldigte, der sich in Untersuchungshaft befindet, über Videokonferenz erscheint.

    § 5. Die in Artikel 131 § 1 erwähnten beziehungsweise den Verweisungsbeschluss betreffenden Unregelmäßigkeiten, Versäumnisse oder Nichtigkeitsgründe, die von der Anklagekammer überprüft worden sind, können nicht mehr vor dem Tatsachenrichter aufgeworfen werden, unbeschadet der Gründe, die sich auf die Beweiswürdigung beziehen. Gleiches gilt für die die Strafverfolgung betreffenden Unzulässigkeits- oder Erlöschensgründe, außer wenn sie nach der Verhandlung vor der Anklagekammer entstanden sind. Die Bestimmungen des vorliegenden Paragraphen sind nicht anwendbar auf Parteien, die erst nach der Verweisung an das erkennende Gericht am Verfahren beteiligt worden sind, außer wenn die Aktenstücke gemäß Artikel 131 § 2 beziehungsweise § 6 des vorliegenden Artikels aus der Akte entfernt werden.

    § 6. Stellt die Anklagekammer eine Unregelmäßigkeit, ein Versäumnis oder einen Nichtigkeitsgrund im Sinne von Artikel 131 § 1 oder einen die Strafverfolgung betreffenden Unzulässigkeits- oder Erlöschensgrund fest, spricht sie gegebenenfalls die Nichtigkeit der davon betroffenen Handlung und eines Teils oder der Gesamtheit des darauf folgenden Verfahrens aus. Die für nichtig erklärten Aktenstücke...

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