Auszug aus dem Entscheid Nr. 30/2017 vom 23. Februar 2017 Geschäftsverzeichnisnummer 6354 In Sachen: Klage auf Nichtigerklärung des Dekrets der Flämischen Region vom 3. Juli 2015 zur Einführung der

Auszug aus dem Entscheid Nr. 30/2017 vom 23. Februar 2017

Geschäftsverzeichnisnummer 6354

In Sachen: Klage auf Nichtigerklärung des Dekrets der Flämischen Region vom 3. Juli 2015 zur Einführung der Kilometerabgabe und Aufhebung der Erhebung der Eurovignette sowie zur diesbezüglichen Abänderung des Flämischen Steuerkodex vom 13. Dezember 2013, erhoben von der VoG « Sigma ».

Der Verfassungsgerichtshof,

zusammengesetzt aus den Präsidenten E. De Groot und J. Spreutels, und den Richtern L. Lavrysen, A. Alen, J.-P. Snappe, J.-P. Moerman, E. Derycke, T. Merckx-Van Goey, P. Nihoul, F. Daoût und T. Giet, unter Assistenz des Kanzlers P.-Y. Dutilleux, unter dem Vorsitz des Präsidenten E. De Groot,

erlässt nach Beratung folgenden Entscheid:

  1. Gegenstand der Klage und Verfahren

    Mit einer Klageschrift, die dem Gerichtshof mit am 10. Februar 2016 bei der Post aufgegebenem Einschreibebrief zugesandt wurde und am 12. Februar 2016 in der Kanzlei eingegangen ist, erhob die VoG « Sigma », unterstützt und vertreten durch RA D. Blommaert, RA J. Ghysels und RA Y. Sacreas, in Brüssel zugelassen, Klage auf Nichtigerklärung des Dekrets der Flämischen Region vom 3. Juli 2015 zur Einführung der Kilometerabgabe und Aufhebung der Erhebung der Eurovignette sowie zur diesbezüglichen Abänderung des Flämischen Steuerkodex vom 13. Dezember 2013 (veröffentlicht im Belgischen Staatsblatt vom 10. August 2015).

    (...)

  2. Rechtliche Würdigung

    (...)

    In Bezug auf die angefochtenen Bestimmungen und den Umfang der Klage

    B.1.1. Mit dem angefochtenen Dekret wird mit Wirkung vom 1. April 2016 eine Kilometerabgabe auf dem Gebiet der Flämischen Region eingeführt. Die Kilometerabgabe ist eine Steuer auf die Benutzung bestimmter Straßen durch ein Fahrzeug. Die Steuer wird auf die Anzahl Kilometer berechnet, die das Fahrzeug auf diesen Straßen zurückgelegt hat. Die gefahrenen Kilometer werden elektronisch registriert. Die Steuer schuldet der Halter des Fahrzeugs.

    Die durch das angefochtene Dekret eingeführte Kilometerabgabe gilt lediglich für Lastkraftwagen mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen.

    B.1.2. Das Dekret bezweckt in erster Linie die Umsetzung der Richtlinie 1999/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 1999 über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge. Durch diese Richtlinie werden die Bedingungen harmonisiert, unter denen die nationalen Behörden Steuern, Maut- und Benutzungsgebühren auf Güter erheben können, die auf den Straßen befördert werden.

    Das Dekret bezweckt ebenfalls die teilweise Umsetzung der Richtlinie 2004/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über die Interoperabilität elektronischer Mautsysteme in der Gemeinschaft. In dieser Richtlinie ist der Aufbau eines europäischen elektronischen Mautdienstes zur Ergänzung der nationalen elektronischen Mautdienste der Mitgliedstaaten vorgesehen.

    B.1.3. Die Richtlinie 1999/62/EG wurde unter anderem durch die Richtlinie 2011/76/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2011 abgeändert. Gemäß dieser Richtlinie ist die Förderung des nachhaltigen Verkehrs ein zentrales Element der gemeinsamen Verkehrspolitik. Zu diesem Zweck sollten der Beitrag des Verkehrssektors zum Klimawandel und seinen negativen Auswirkungen reduziert werden - insbesondere Staus, die die Mobilität einschränken, sowie Luftverschmutzung und Lärmbelastung, die Gesundheits- und Umweltschäden verursachen (Erwägung 1).

    Im Interesse des Übergangs zu einer nachhaltigen Verkehrspolitik sollten die Beförderungspreise die mit verkehrsbedingter Luftverschmutzung und Lärmbelastung, Klimawandel und Verkehrsstaus verbundenen Kosten, die durch die tatsächliche Nutzung aller unterschiedlichen Verkehrsträger verursacht werden, besser widerspiegeln, um so als Instrument für die Optimierung der Infrastrukturnutzung, die Verringerung lokaler Verschmutzung, die Bewältigung von Verkehrsstaus und die Bekämpfung des Klimawandels zu den geringstmöglichen Kosten für die Wirtschaft dienen zu können. Dazu bedarf es eines abgestuften Konzepts für alle Verkehrsträger, das deren jeweiligen Besonderheiten Rechnung trägt (Erwägung 5).

    Im Güterkraftverkehr sind entfernungsabhängig berechnete Mautgebühren für die Infrastrukturnutzung ein gerechtes und wirksames wirtschaftliches Instrument, um eine nachhaltige Verkehrspolitik zu erreichen, da sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Infrastrukturnutzung, der Umweltfreundlichkeit von Fahrzeugen sowie Ort und Zeit der Fahrzeugnutzung stehen und deshalb so festgesetzt werden können, dass ihre Höhe die durch die tatsächliche Fahrzeugnutzung in Form von Verschmutzung und Verkehrsstaus verursachten Kosten widerspiegelt (Erwägung 7).

    Die Kosten verkehrsbedingter Luftverschmutzung und Lärmbelastung, z.B. Gesundheitsausgaben einschließlich Aufwand für medizinische Versorgung, Ernte- und Produktionsausfälle sowie Wohlfahrtskosten, werden von der Bevölkerung im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats getragen, in dem der Verkehr stattfindet. Das Verursacherprinzip kommt in Form der Gebühr für externe Kosten zur Anwendung, was zur Verringerung von externen Kosten beiträgt (Erwägung 10).

    B.1.4. In der Begründung zum angefochtenen Dekret wird das Ziel der Kilometerabgabe erläutert:

    Gemäß Artikel 2 Buchstabe b der Richtlinie 1999/62/EG in der zuletzt abgeänderten Fassung beinhaltet eine Mautgebühr eine Infrastrukturgebühr, eine Gebühr für externe Kosten oder beides. Man hat sich dafür entschieden, die Kilometerabgabe dort, wo sie als Steuer eingeführt wird, mit zwei Komponenten einzuführen, nämlich einer Infrastrukturgebühr und einer Gebühr für externe Kosten. In diesem Fall sind die Infrastrukturgebühr und die Gebühr für externe Kosten als solche keine getrennten Steuern. Ihre Eingliederung als zwei Komponenten in ein und dieselbe Kilometerabgabe als Steuer bedeutet, dass externe Kosten oder Infrastrukturkosten lediglich Parameter ein und derselben Steuer sind

    (Parl. Dok., Flämisches Parlament, 2014-2015, Nr. 370/1, SS. 7-8).

    Eine Infrastrukturgebühr ist eine Abgabe zur Anlastung der infrastrukturbezogenen Bau-, Instandhaltungs-, Betriebs- und Ausbaukosten, die in einem Mitgliedstaat entstehen (Artikel 2 Buchstabe ba der Richtlinie 1999/62/EG).

    Eine Gebühr für externe Kosten ist eine Abgabe zur Anlastung der Kosten, die in einem Mitgliedstaat durch verkehrsbedingte Luftverschmutzung und/oder Lärmbelastung entstehen (Artikel 2 Buchstabe bb der Richtlinie 1999/62/EG).

    B.1.5. Vor dem angefochtenen Dekret haben die drei Regionen ein Zusammenarbeitsabkommen geschlossen: das Zusammenarbeitsabkommen vom 31. Januar 2014 zwischen der Flämischen Region, der Wallonischen Region und der Region Brüssel-Hauptstadt « über die Einführung des Systems zur Erhebung der Kilometergebühr auf dem Gebiet der drei Regionen und zur Bildung einer interregionalen Partnerschaft öffentlichen Rechts Viapass in der Form einer gemeinsamen Einrichtung im Sinne von Artikel 92bis § 1 des Sondergesetzes vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen ».

    Gemäß Artikel 2 dieses Abkommens soll damit die Zusammenarbeit zwischen der Flämischen Region, der Wallonischen Region und der Region Brüssel-Hauptstadt in der Ausübung ihrer jeweiligen Zuständigkeiten in Sachen Verwaltung der Straßen und ihrer Nebenanlagen und in Sachen Festlegung der rechtlichen Regelung der Verkehrsstraßen zu Lande im Sinne von Artikel 6 § 1 X Absatz 1 Nrn. 1 und 2bis des Sondergesetzes vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen geregelt werden.

    In diesem Zusammenarbeitsabkommen, das durch das Zusammenarbeitsabkommen vom 24. April 2015 abgeändert wurde, haben die Regionen Absprachen getroffen über die Weise der Einführung der Kilometerabgabe und zur Bildung einer interregionalen Partnerschaft öffentlichen Rechts Viapass in der Form einer gemeinsamen Einrichtung, die für die tagtägliche Verwaltung des Systems der Kilometerabgabe zuständig ist.

    ...

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