Auszug aus dem Entscheid Nr. 139/2015 vom 15. Oktober 2015 Geschäftsverzeichnisnummern. 5913

Auszug aus dem Entscheid Nr. 139/2015 vom 15. Oktober 2015

Geschäftsverzeichnisnummern. 5913, 5922 und 5924

In Sachen: Klagen auf völlige oder teilweise Nichtigerklärung des Gesetzes vom 1. Dezember 2013 zur Reform der Gerichtsbezirke und zur Abänderung des Gerichtsgesetzbuches im Hinblick auf eine größere Mobilität der Mitglieder des gerichtlichen Standes, erhoben von André Monhonval, von Fabian Lefebvre und von der VoG « Union professionnelle de la magistrature » und anderen.

Der Verfassungsgerichtshof,

zusammengesetzt aus den Präsidenten J. Spreutels und A. Alen, und den Richtern E. De Groot, L. Lavrysen, J.-P. Snappe, J.-P. Moerman, E. Derycke, T. Merckx-Van Goey, P. Nihoul, F. Daoût, T. Giet und R. Leysen, unter Assistenz des Kanzlers F. Meersschaut, unter dem Vorsitz des Präsidenten J. Spreutels,

erlässt nach Beratung folgenden Entscheid:

  1. Gegenstand der Klagen und Verfahren

    a. Mit einer Klageschrift, die dem Gerichtshof mit am 2. Juni 2014 bei der Post aufgegebenem Einschreibebrief zugesandt wurde und am 3. Juni 2014 in der Kanzlei eingegangen ist, erhob André Monhonval, unterstützt und vertreten durch RA G. Generet, in Brüssel zugelassen, Klage auf Nichtigerklärung der Artikel 26 und 147 des Gesetzes vom 1. Dezember 2013 zur Reform der Gerichtsbezirke und zur Abänderung des Gerichtsgesetzbuches im Hinblick auf eine größere Mobilität der Mitglieder des gerichtlichen Standes (veröffentlicht im Belgischen Staatsblatt vom 10. Dezember 2013, zweite Ausgabe).

    b. Mit einer Klageschrift, die dem Gerichtshof mit am 10. Juni 2014 bei der Post aufgegebenem Einschreibebrief zugesandt wurde und am 11. Juni 2014 in der Kanzlei eingegangen ist, erhob Fabian Lefebvre, unterstützt und vertreten durch RA F. Gavroy und RA F. Jongen, in Arlon zugelassen, Klage auf Nichtigerklärung der Artikel 26 und 147 Absatz 2 desselben Gesetzes.

    c. Mit einer Klageschrift, die dem Gerichtshof mit am 10. Juni 2014 bei der Post aufgegebenem Einschreibebrief zugesandt wurde und am 11. Juni 2014 in der Kanzlei eingegangen ist, erhoben Klage auf völlige oder teilweise (Artikel 3, 4, 6, 16, 26, 28, 30, 32, 37, 40, 41, 63, 107, 108, 136 Absatz 2, 147, 149, 150 und 152) Nichtigerklärung desselben Gesetzes: die VoG « Union professionnelle de la magistrature », Jacques Baron, Simon Claisse, Axel Delannay, Thomas Dessoy, Valérie Hansenne, Jules Malaise, Hugues Marchal, Jean-François Marot, Marc-Antoine Poncelet, Véronique Tordeur und Luc Van Malcot, unterstützt und vertreten durch RA X. Close, in Brüssel zugelassen.

    Diese unter den Nummern 5913, 5922 und 5924 ins Geschäftsverzeichnis des Gerichtshofes eingetragenen Rechtssachen wurden verbunden.

    (...)

  2. Rechtliche Würdigung

    (...)

    In Bezug auf die angefochtenen Bestimmungen

    B.1. Durch das Gesetz vom 1. Dezember 2013 werden die Gerichtsbezirke reformiert und das Gerichtsgesetzbuch im Hinblick auf eine größere Mobilität der Mitglieder des gerichtlichen Standes abgeändert.

    Die klagenden Parteien in den Rechtssachen Nrn. 5913 und 5922 beantragen die Nichtigerklärung von Artikel 26 dieses Gesetzes; die klagende Partei in der erstgenannten Rechtssache beantragt darüber hinaus die Nichtigerklärung von Artikel 147 desselben Gesetzes.

    Die klagenden Parteien in der Rechtssache Nr. 5924 beantragen die Nichtigerklärung des Gesetzes vom 1. Dezember 2013 insgesamt. Sowohl aus der Klageschrift als auch aus den zur Untermauerung der Klage angeführten Klagegründen geht jedoch hervor, dass diese sich auf die Bestimmungen dieses Gesetzes bezieht, die « direkt das Prinzip der Mobilität der Magistrate » betreffen. Sie sei, nach Auffassung der klagenden Parteien, somit gegen die Artikel 3 bis 6, 16, 28, 30, 32, 37, 40 und 41, 63, 107 und 108, 136 Absatz 2, 147, 149, 150 und 152 des Gesetzes vom 1. Dezember 2013 gerichtet.

    Der Gegenstand der angefochtenen Bestimmungen kann im Wesentlichen wie folgt beschrieben werden:

    - Artikel 3 betrifft die Mobilität der Friedensrichter in den einzelnen Kantonen des erweiterten Gerichtsbezirks (und ergänzt Artikel 59 des Gerichtsgesetzbuches);

    - Artikel 4 betrifft die Organisation der Polizeigerichte in Abteilungen und deren territoriale Grenzen (und ersetzt Artikel 60 des Gerichtsgesetzbuches);

    - Artikel 6 regelt unter anderem die Mobilität der Friedensrichter und Richter am Polizeigericht in den Kantonen des Bezirks und gegebenenfalls des Appellationshofbereiches (und ersetzt Artikel 65 des Gerichtsgesetzbuches);

    - Artikel 16 betrifft die verschiedenen Gerichte und ihre territorialen Grenzen (und ersetzt Artikel 73 des Gerichtsgesetzbuches);

    - Artikel 26 vertraut unter anderem dem Präsidenten des Gerichts die Aufgabe an, die Richter auf seine Abteilungen zu verteilen, nachdem der in einer anderen Abteilung benannte Richter angehört wurde, und wobei er seine Entscheidung mit Gründen versieht (und ersetzt Artikel 90 des Gerichtsgesetzbuches);

    - Artikel 28 regelt die Abordnung von Richtern durch den ersten Präsidenten des Appellationshofes an ein anderes Gericht des Bereichs (und ersetzt hierzu die Absätze 1 bis 5 von Artikel 98 des Gerichtsgesetzbuches);

    - Artikel 30 regelt die Abordnung, durch den ersten Präsidenten des Appellationshofes, eines Richters eines der Gerichte des Bereichs an den Appellationshof oder an den Arbeitsgerichtshof (und fügt hierzu einen Artikel 99ter in das Gerichtsgesetzbuch ein);

    - Artikel 32 sieht unter anderem die hauptberufliche Ernennung von Richtern bei einem Gericht und die subsidiäre Ernennung bei den anderen Gerichten des Bereichs des Appellationshofes vor (und ersetzt hierzu Artikel 100 des Gerichtsgesetzbuches in der durch die Gesetze vom 15. Juli 1970 und 22. Dezember 1998 abgeänderten Fassung);

    - Artikel 37 betrifft die Mobilität der Gerichtsräte der Appellationshöfe und der Arbeitsgerichtshöfe (und ergänzt Artikel 113bis des Gerichtsgesetzbuches);

    - Artikel 40 regelt die Verteilung der Staatsanwälte auf die einzelnen Abteilungen der Staatsanwaltschaft durch den Prokurator des Königs (und ändert hierzu Artikel 151 des Gerichtsgesetzbuches in der zuletzt durch das Gesetz vom 17. Mai 2006 abgeänderten Fassung);

    - Artikel 41 regelt die Verteilung der Staatsanwälte in den einzelnen Abteilungen des Arbeitsauditorats durch den Arbeitsauditor (und ändert hierzu Artikel 153 des Gerichtsgesetzbuches in der zuletzt durch das Gesetz vom 12. April 2004 abgeänderten Fassung);

    - Artikel 63 sieht die gleichzeitige Benennung, entsprechend den Erfordernissen des Dienstes, eines Untersuchungsrichters, eines Pfändungsrichters oder eines Richters « am Familien- und Jugendgericht » in einem anderen Gericht des Bereichs vor (und ersetzt hierzu Artikel 259septies des Gerichtsgesetzbuches, der ebenfalls, zu einem späteren Zeitpunkt, durch das Gesetz vom 8. Mai 2014 abgeändert wurde, was die Bezeichnung dieses Gerichts betrifft);

    - Artikel 107 legt die territorialen Grenzen der neuen Polizeigerichte fest (und ersetzt hierzu Artikel 3 des Anhangs zum Gerichtsgesetzbuch);

    - Artikel 108 legt die territorialen Grenzen der neuen Gerichtsbezirke fest (und ersetzt hierzu Artikel 4 desselben Anhangs);

    - Artikel 136 Absatz 2 schafft den Gehaltszuschlag, der zuvor den Komplementärrichtern gewährt wurde, ab (und hebt dazu Artikel 357 Nr. 6 des Gerichtsgesetzbuches auf);

    - Artikel 147 sieht die Ernennung der bestehenden Magistrate bei einem Gericht oder einer Staatsanwaltschaft eines erweiterten Bezirks vor;

    - Artikel 149 sieht die Abordnung der Komplementärfriedensrichter und der Richter am Polizeigericht zur gleichzeitigen Ausübung ihres Amtes in einem anderen Kanton vor;

    - Artikel 150 sieht die subsidiäre Ernennung der Komplementärrichter und Staatsanwälte bei den verschiedenen Gerichten und Staatsanwaltschaften des Bereichs des Appellationshofes, die Ernennung der zuvor an ein Handelsgericht oder ein Arbeitsgericht abgeordneten Komplementärrichter beim Handelsgericht oder beim Arbeitsgericht im Appellationshofbereich und die Ernennung der Komplementärstaatsanwälte beim Arbeitsauditorat des Arbeitsgerichtshofbereiches vor;

    - Artikel 152 bestimmt, dass die in Anwendung des (früheren) Artikels 100 des Gerichtsgesetzbuches ernannten Magistrate an oder bei verschiedenen Gerichten erster Instanz des Appellationshofbereiches von Rechts wegen an den neuen Gerichten oder Staatsanwaltschaften ernannt sind.

    In Bezug auf die Zulässigkeit der Klagen und den Umfang der Befassung des Gerichtshofes

    B.2.1. Bei der Prüfung mehrerer Bestimmungen stellt der Ministerrat das Interesse gewisser klagender natürlicher Personen und der Vereinigung ohne Gewinnerzielungsabsicht « Union professionnelle de la magistrature » (nachstehend: « UPM »), erste klagende Partei in der Rechtssache Nr. 5924, an der Klage in Abrede.

    B.2.2. Artikel 142 Absatz 3 der Verfassung und Artikel 2 Nr. 2 des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof verpflichten eine juristische Person, die eine Klage auf Nichtigerklärung einreicht, ein Interesse nachzuweisen. Das erforderliche Interesse liegt nur bei jenen Personen vor, deren Situation durch die angefochtene Rechtsnorm unmittelbar und ungünstig beeinflusst werden könnte. Die Popularklage ist unzulässig.

    Wenn eine Vereinigung ohne Gewinnerzielungsabsicht, die nicht ihr persönliches Interesse geltend macht, vor dem Gerichtshof auftritt, ist es erforderlich, dass ihr Vereinigungszweck besonderer Art ist und sich daher vom allgemeinen Interesse unterscheidet, dass sie ein kollektives Interesse vertritt, dass die angefochtene Rechtsnorm den Vereinigungszweck beeinträchtigen kann, und dass es sich schließlich nicht zeigt, dass dieser Vereinigungszweck nicht oder nicht mehr tatsächlich erstrebt wird.

    B.2.3. Gemäß Artikel 3 ihrer Satzung hat die UPM als Vereinigungszweck « die Förderung und Anwendung von Maßnahmen zur Gewährleistung eines optimalen Funktionierens der Justiz als Garantin für die Rechte und Freiheiten der Bürger » und « die Verteidigung der individuellen Interessen ihrer Mitglieder hinsichtlich ihrer kollektiven Interessen »...

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