Auszug aus dem Entscheid Nr. 12/2015 vom 5. Februar 2015 Geschäftsverzeichnisnummer 5451 In Sachen: Klage auf Nichtigerklärung der Artikel 61 bis 69 des Gesetzes vom 28. Dezember 2011 zur Festlegung

Auszug aus dem Entscheid Nr. 12/2015 vom 5. Februar 2015

Geschäftsverzeichnisnummer 5451

In Sachen: Klage auf Nichtigerklärung der Artikel 61 bis 69 des Gesetzes vom 28. Dezember 2011 zur Festlegung verschiedener Bestimmungen (bezüglich des Titels IV von Buch II und der Artikel 167 bis 173 des Gesetzbuches der verschiedenen Gebühren und Steuern in Bezug auf die Steuer auf Inhaberpapiere und ihres Inkrafttretens), erhoben von Isabelle Gielen.

Der Verfassungsgerichtshof,

zusammengesetzt aus den Präsidenten A. Alen und J. Spreutels, und den Richtern E. De Groot, L. Lavrysen, J.-P. Snappe, J.-P. Moerman, E. Derycke, T. Merckx-Van Goey, P. Nihoul, F. Daoût, T. Giet und R. Leysen, unter Assistenz des Kanzlers F. Meersschaut, unter dem Vorsitz des Präsidenten A. Alen,

erlässt nach Beratung folgenden Entscheid:

  1. Gegenstand der Klage und Verfahren

    Mit einer Klageschrift, die dem Gerichtshof mit am 2. Juli 2012 bei der Post aufgegebenem Einschreibebrief zugesandt wurde und am 4. Juli 2012 in der Kanzlei eingegangen ist, erhob Isabelle Gielen, unterstützt und vertreten durch RA P. Malherbe, in Brüssel zugelassen, Klage auf Nichtigerklärung der Artikel 61 bis 69 des Gesetzes vom 28. Dezember 2011 zur Festlegung verschiedener Bestimmungen (bezüglich des Titels IV von Buch II und der Artikel 167 bis 173 des Gesetzbuches der verschiedenen Gebühren und Steuern in Bezug auf die Steuer auf Inhaberpapiere und ihres Inkrafttretens), veröffentlicht im Belgischen Staatsblatt vom 30. Dezember 2011, vierte Ausgabe.

    (...)

  2. Rechtliche Würdigung

    (...)

    In Bezug auf den Kontext der angefochtenen Bestimmungen

    B.1. Mit den angefochtenen Bestimmungen wird eine Steuer auf die Umwandlung von Inhaberpapieren in entmaterialisierte Wertpapiere oder in Namenspapiere gemäß dem Gesetz vom 14. Dezember 2005 zur Abschaffung der Inhaberpapiere festgelegt. Der Steuersatz wird festgesetzt auf 1 Prozent Umwandlungen, die im Laufe des Jahres 2012 vorgenommen werden, und auf 2 Prozent für Umwandlungen, die im Laufe des Jahres 2013 vorgenommen werden.

    B.2.1. Mit dem vorerwähnten Gesetz vom 14. Dezember 2005 bezweckte der Gesetzgeber die schrittweise Abschaffung der Inhaberpapiere.

    In den Vorarbeiten zu diesem Gesetz wurde diese Zielsetzung wie folgt erläutert:

    Der Gesetzentwurf ist in erster Linie auf die Modernisierung des belgischen Rechtes über Wertpapiere - hauptsächlich Wertpapiere, die durch Unternehmen ausgegeben werden - ausgerichtet. Da Inhaberpapiere überholt sind und diese Form viele Nachteile aufweist, liegt die Lösung, die darin besteht, sie abzuschaffen, auf der Hand.

    Die Anonymität, die - grundsätzlich - die Inhaberpapiere kennzeichnet, sowie die materielle Beschaffenheit dieser Wertpapiere öffnen Tür und Tor für Missbrauch. Aus den Empfehlungen mehrerer internationaler Instanzen geht hervor, dass diese Wertpapiere die Finanzkriminalität und die Finanzierung von Terrorismus begünstigen können.

    Die bei der OECD eingerichtete Finanz-Taskforce gegen Geldwäsche (GAFI - groupe d'action financière sur le blanchiment des capitaux et le financement du terrorisme) hat mehrfach auf die Gefahr hingewiesen, die sich aus dieser Form von Wertpapieren ergibt, und nachdrücklich befürwortet, dass die Mitgliedstaaten Maßnahmen ergreifen, um deren Verwendung ernsthaft zu begrenzen oder die damit verbundene Anonymität abzuschaffen.

    Auch wenn nie nachgewiesen wurde, dass Inhaberpapiere, die durch juristische Instrumente belgischen Rechts ausgegeben wurden, durch terroristische und/oder kriminelle Organisationen benutzt wurden, bleibt das Bemühen, zur Einhaltung der Empfehlungen der GAFI eine Maßnahme zu ergreifen, mit der die internationale Glaubwürdigkeit Belgiens verstärkt wird.

    Inhaberpapiere können ebenfalls zu Steuerbetrug führen. Die damit einhergehende Anonymität bietet die Möglichkeit zu gesetzwidrigen Handlungen, um Steuern zu hinterziehen.

    Außerdem ist hervorzuheben, dass Inhaberpapiere gewöhnlich eines der Mittel sind, den erbrechtlichen Pflichtteil zu beeinträchtigen und gewisse Kinder auf ungesetzliche Weise zum Nachteil anderer zu begünstigen.

    Inhaberpapiere eignen sich wenig für die modernen Anforderungen an Wertpapiere. Neben der Gefahr des Verlustes oder des Diebstahls sind die Erfordernisse hinsichtlich der Aufbewahrung von Inhaberpapieren und der Einlösung von Kupons schwerfällig und teuer. Die materiellen Handlungen, die für die Eigentumsübertragung solcher Wertpapiere erforderlich sind, dürfen ebenfalls nicht vernachlässigt werden, vor allem bei einem umfangreichen Austausch.

    Seit 1991 wurde eine gründliche Reform hinsichtlich der Form von Staatsschuldverschreibungen durchgeführt, die sich in einer immer weitergehenden Entmaterialisierung ausdrückt.

    Die vorerwähnten Argumente sind ein Plädoyer für eine Reform des belgischen Rechts in Bezug auf Wertpapiere.

    [...]

    Das erste Ziel der Reform besteht in der schrittweisen Abschaffung der Inhaberpapiere, und folglich der damit verbundenen Anonymität, dies durch deren Umwandlung in entmaterialisierte Wertpapiere oder Namenspapiere.

    Im Rahmen des schrittweisen Verschwindens der Inhaberpapiere hat die Regierung einen relativ langen Übergangszeitraum vorgesehen. Dieser Zeitraum läuft bis 2014 für die Wertpapiere, die vor der Veröffentlichung des im Entwurf vorliegenden Gesetzes im Belgischen Staatsblatt ausgegeben wurden, so dass die heutigen Berechtigten von Inhaberpapieren niet übertrieben benachteiligt werden und die betreffenden Emittenten ebenfalls ohne Übereilung die erforderlichen Anpassungen vornehmen können.

    Es wird ebenfalls beabsichtigt, den Investoren moderne und attraktive Alternativen zu Inhaberpapieren zu bieten, und zwar durch die Einführung und Modernisierung der entmaterialisierten Wertpapiere, durch die Schaffung eines vereinfachten Systems von entmaterialisierten Wertpapieren, durch die Modernisierung des Systems der Namenspapiere und durch die Annahme verschiedener Maßnahmen zur Vereinfachung ihres Umlaufs

    (Parl. Dok., Kammer, 2005-2006, DOC 51-1974/003, SS. 3-5).

    B.2.2. In großen Zügen sind im Gesetz vom 14. Dezember 2005 in der durch die Gesetze vom 25. April 2007, vom 20. Dezember 2010 und vom 21. Dezember 2013 abgeänderten Fassung ein ab dem 1. Januar 2008 geltendes Verbot zur Ausgabe und zur tatsächlichen Aushändigung neuer Inhaberpapiere (Artikel 3 und 4), eine Umwandlung bestimmter Inhaberpapiere von Rechts wegen in entmaterialisierte Wertpapiere (Artikel 5) und eine Verpflichtung, die anderen Inhaberpapiere spätestens bis zum 31. Dezember 2013 in Namenspapiere oder in entmaterialisierte Wertpapiere umzuwandeln (Artikel 7), vorgesehen.

    In Bezug auf die angefochtenen Bestimmungen

    B.3.1. Die klagende Partei beantragt die Nichtigerklärung der Artikel 61 bis 69 des Gesetzes vom 28...

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