11. DEZEMBER 2017 - Dekret über Integration und das Zusammenleben in Vielfalt

Das Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft hat das Folgende angenommen und wir, Regierung, sanktionieren es:

KAPITEL 1 - ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Artikel 1 - Anwendungsbereich

Das vorliegende Dekret ist anwendbar auf alle:

  1. Dienste und Behörden, die im deutschen Sprachgebiet im Bereich der Integration tätig sind;

  2. Migranten, die ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthaltsort im deutschen Sprachgebiet haben;

  3. Asylbewerber, die vor mindestens vier Monaten einen Asylantrag gestellt haben und die ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthaltsort im deutschen Sprachgebiet haben.

    Art. 2 - Personenbezeichnungen

    Personenbezeichnungen im vorliegenden Dekret gelten für alle Geschlechter.

    Art. 3 - Begriffsbestimmungen

    Für die Anwendung des vorliegenden Dekrets versteht man unter:

  4. Migrant: jede Person, die ihr Heimatland verlässt und sich in einem anderen Land dauerhaft niederlässt;

  5. neuankommender Migrant: Migrant, der eine Aufenthaltserlaubnis von mehr als drei Monaten hat, ins belgische Nationalregister eingetragen ist und sich nach Inkrafttreten des Dekrets in einer Gemeinde des deutschen Sprachgebiets einschreibt;

  6. Asylbewerber: Migrant, der einen Antrag auf Anerkennung als Flüchtling oder auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus in Form eines Asylantrags gemäß Artikel 49/3 des Gesetzes vom 15. Dezember 1980 über die Einreise ins Staatsgebiet, den Aufenthalt, die Niederlassung und das Entfernen von Ausländern gestellt hat;

  7. Integration: langfristiger und dynamischer Prozess mit dem Ziel, alle Personen gleich welcher Herkunft, die ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthaltsort im deutschen Sprachgebiet haben, in die Gesellschaft einzubeziehen und ihnen eine gleichberechtigte Teilhabe in allen gesellschaftlichen Bereichen zu ermöglichen;

  8. Integrationsparcours: ein auf die Lebensumstände und Bedürfnisse des Migranten zugeschnittenes Bildungs- und Begleitprogramm, das dem Migranten als Hilfestellung bei seinen ersten Schritten in der Aufnahmegesellschaft dienen soll, das sich seinem Lebensumfeld bestmöglich anpasst und das sich aus einem Erstempfang, einer Sozialbilanzerstellung, einem Sprachkurs, einem Integrationskurs, einer individuellen Begleitung während des Parcours und Informationsgesprächen zur sozial-beruflichen Eingliederung zusammensetzt;

  9. sozial-berufliche Information: gezielte Förderung, die auf die Integration des Migranten ins Gesellschafts- und Berufsleben abzielt;

  10. Referenzzentrum: das in Kapitel 3 erwähnte Referenzzentrum für Integration und Migration;

  11. Beirat: der in Kapitel 5 erwähnte Beirat für Integration und das Zusammenleben in Vielfalt;

  12. ÖSHZ: öffentliches Sozialhilfezentrum;

  13. Dienste: die Gemeinden, die ÖSHZ, das Referenzzentrum und die Träger der Sprach- und Integrationskurse;

  14. Einrichtungen, die mit der sozial-beruflichen Orientierung beauftragt sind: das Arbeitsamt der Deutschsprachigen Gemeinschaft und, in gewissen Fällen, die ÖSHZ und die Dienststelle der Deutschsprachigen Gemeinschaft für selbstbestimmtes Leben.

    Art. 4 - Grundsatz der Integration

    Im Rahmen des zur Verfügung stehenden Angebots an Integrationsmaßnahmen sowie der verfügbaren Haushaltsmittel hat jeder Migrant mit Bedarf an Integration gemäß den Vorgaben des vorliegenden Dekrets und seiner Ausführungserlasse das Recht auf Integrationsmaßnahmen und unterliegt, unter gewissen Bedingungen, der Verpflichtung, diese zu beanspruchen.

    KAPITEL 2 - INTEGRATIONSPARCOURS

    Art. 5 - Inhalt und Grundsätze

    § 1 - Das Referenzzentrum begleitet durch den Integrationsparcours, der sich aus folgenden Bestandteilen zusammensetzt:

  15. der Erstempfang;

  16. der Sprachkurs;

  17. der Integrationskurs;

  18. die Beratungsgespräche zwecks einer den Fähigkeiten und den Bedürfnissen des Migranten angepassten sozial-beruflichen Information.

    § 2 - Der Migrant verfügt ab Unterzeichnung der in Artikel 8 erwähnten Vereinbarung zum Integrationsparcours über zwei Jahre, um diesen zu durchlaufen. Er ist verpflichtet, bei 80 % der Kurse anwesend zu sein.

    Die Regierung legt die Bedingungen fest, unter denen die Zweijahresfrist verlängert werden kann.

    § 3 - Die Teilnahme am Integrationsparcours ist für den Migranten kostenlos.

    Belegt ein Migrant einen nicht bezuschussten Sprachkurs, der im Rahmen des Integrationsparcours anerkannt ist, übernimmt das Referenzzentrum für den Migranten die Teilnahmegebühr.

    Art. 6 - Zielpublikum

    § 1 - Der Integrationsparcours richtet sich an volljährige Migranten und Asylbewerber.

    § 2 - Unbeschadet des Rechts auf freien Personenverkehr und der Verpflichtung der Regierung, das entsprechende Angebot bereitzustellen, ist jeder volljährige neuankommende Migrant zur Teilnahme am Integrationsparcours verpflichtet.

    In Abweichung von Absatz 1 sind die Migranten von der dort erwähnten Verpflichtung befreit, wenn sie zu einer der folgenden Kategorien gehören:

  19. Migranten, die die Staatsangehörigkeit eines EU-Staates, eines Staates des europäischen Wirtschaftsraums oder der Schweiz besitzen;

  20. folgende Migranten, auch wenn sie nicht eine der in Nummer 1 erwähnten Staatsangehörigkeiten besitzen:

    1. Familienangehörige eines Migranten, der die Staatsangehörigkeit eines EU-Staates besitzt und der die Bedingungen der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG, erfüllt;

    2. Familienangehörige eines Migranten, der die Staatsangehörigkeit eines Staates des europäischen Wirtschaftsraums besitzt und der gemäß dem Abkommen vom 2. Mai 1992 über den europäischen Wirtschaftsraum berechtigt ist, in Belgien einzureisen und sich dort aufzuhalten;

    3. Familienangehörige eines Migranten, der gemäß dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, geschehen zu Luxemburg am 21. Juni 1999, berechtigt ist, in Belgien einzureisen und sich dort aufzuhalten;

  21. Migranten und ihre Familienangehörige, die aufgrund eines internationalen Abkommens eine Befreiung von der in Absatz 1 erwähnten Verpflichtung genießen;

  22. Migranten, die ein Sekundar-, Hochschul- oder Universitätsdiplom einer von der Deutschsprachigen Gemeinschaft oder einer anderen Gemeinschaft organisierten, bezuschussten oder anerkannten Bildungseinrichtung besitzen;

  23. volljährige Schüler und Studenten;

  24. Senioren, die das gesetzliche Pensionsalter erreicht haben;

  25. Diplomaten, einschließlich der Personen, die in den Anwendungsbereich des Wiener Übereinkommens vom 24. April 1963 über diplomatische Beziehungen fallen, sowie Personalmitglieder von internationalen Organisationen gemäß den Bestimmungen der entsprechenden Sitzabkommen;

  26. Berufssportler, die gemäß dem Gesetz vom 24. Februar 1978 über den Arbeitsvertrag für entlohnte Sportler im Rahmen eines Arbeitsvertrags für entlohnte Sportler eingestellt sind;

  27. Migranten, die über eine Arbeitserlaubnis B verfügen;

  28. Migranten, denen es zeitweise oder dauerhaft unmöglich ist, aufgrund einer durch ein ärztliches Attest nachgewiesenen Krankheit oder Beeinträchtigung am Integrationsparcours teilzunehmen;

  29. Migranten, die nachweisen können, dass sie bereits einen Integrationsparcours in einer anderen belgischen Gebietskörperschaft abgeschlossen haben;

  30. Migranten, die bereits seit mehr als drei Jahren in Belgien leben.

    Migranten, die nachweisen können, dass sie einen oder mehrere Bestandteile eines Integrationsparcours einer anderen Gebietskörperschaft abgeschlossen haben, sind von diesem oder diesen Teil(en) befreit.

    § 3 - Den in § 1 und § 2 Absatz 2 erwähnten Personengruppen steht es frei, am Integrationsparcours teilzunehmen. Sie werden im Rahmen der noch verfügbaren Plätze bedient. Entscheiden sie sich, eine Vereinbarung zum Integrationsparcours zu unterzeichnen, ist der Integrationsparcours abzuschließen.

    Art. 7 - Erstempfang

    § 1 - Die Gemeinde, in der der neuankommende Migrant eingeschrieben ist, informiert den Migranten über die Integrationspolitik in der Deutschsprachigen Gemeinschaft.

    Die Gemeinde übermittelt dem Migranten sowohl mündlich als auch mittels einer durch das Referenzzentrum erarbeiteten und gegen Empfangsbestätigung ausgehändigten Informationsbroschüre mindestens folgende Informationen:

  31. die Verpflichtung oder die Möglichkeit am Integrationsparcours teilzunehmen;

  32. die möglichen Verwaltungsstrafen bei Nichteinhaltung der Verpflichtung;

  33. die Kontaktdaten des Referenzzentrums.

    § 2 - Die Gemeinde übermittelt dem Referenzzentrum wöchentlich eine Liste der Kontaktdaten der Migranten zwecks Kontaktaufnahme. Diese beinhaltet:

  34. den Namen und den Vornamen des Migranten;

  35. die Kontaktdaten des Migranten;

  36. das Datum der Einschreibung in der Gemeinde;

  37. eine Abschrift der in § 1 Absatz 2 erwähnten Empfangsbestätigung.

    § 3 - Der Migrant wird innerhalb von drei Monaten nach Einschreibung in der Gemeinde beim Referenzzentrum vorstellig.

    Spätestens einen Monat vor Ablauf der Frist übermittelt das Referenzzentrum dem Migranten ein Erinnerungsschreiben mit dem Hinweis zur verpflichteten Teilnahme am Integrationsparcours und der Auferlegung einer administrativen Geldbuße bei Nichteinhaltung der Verpflichtung.

    Das Referenzzentrum informiert die Inspektoren gemäß Artikel 33 über den Migranten, der nach Ablauf der in Absatz 1 erwähnten Frist seiner Verpflichtung nicht nachgekommen ist.

    Art. 8 - Vereinbarung zum Integrationsparcours

    Innerhalb einer Frist von 30 Tagen nachdem der Migrant im Referenzzentrum vorstellig geworden ist, erstellt das Referenzzentrum die in Artikel 14 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a) erwähnte Sozialbilanz. Diese dient als Grundlage für die Vereinbarung zum Integrationsparcours.

    Die Vereinbarung zum Integrationsparcours enthält mindestens:

  38. die...

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