Arrêt Nº 11/2018. Cour constitutionnelle (Cour d'Arbitrage), 2018-02-01

Date01 février 2018
Docket NumberF-20180201-5
CourtGrondwettelijk Hof (Arbitragehof)
ÜBERSETZUNG
VERFASSUNGSGERICHTSHOF
[2018/201864]
Auszug aus dem Entscheid Nr. 11/2018 vom 1. Februar 2018
Geschäftsverzeichnisnummer 6572
In Sachen: Vorabentscheidungsfrage in Bezug aufArtikel 347-1 des Zivilgesetzbuches, gestellt vom Familien- und
Jugendgericht des Gerichts erster Instanz Antwerpen, Abteilung Antwerpen.
Der Verfassungsgerichtshof,
zusammengesetzt aus den Präsidenten E. De Groot und J. Spreutels, und den Richtern L. Lavrysen, A. Alen,
J.-P.Snappe, J.-P. Moerman, E. Derycke, T.Merckx-Van Goey, P. Nihoul, F.Daoût, T. Giet und R. Leysen, unter Assistenz
des Kanzlers F. Meersschaut, unter dem Vorsitz des Präsidenten E. De Groot,
erlässt nach Beratung folgenden Entscheid:
I. Gegenstand der Vorabentscheidungsfrage und Verfahren
In seinem Urteil vom 19. Dezember 2016 in Sachen E.V.,dessen Ausfertigung am 29. Dezember 2016 in der Kanzlei
des Gerichtshofes eingegangen ist, hat das Gericht erster Instanz Antwerpen, Abteilung Antwerpen, Familien- und
Jugendgericht, folgende Vorabentscheidungsfrage gestellt:
«Verstößt Artikel 347-1 des Zivilgesetzbuches gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, insofern er zur Folge
hat, dass
- für ein Kind, das vor dem 1 Januar 2015 (dem Datum des Inkrafttretens des Gesetzes vom 5. Mai 2014 zur
Feststellung der Abstammung von der Mitmutter) aus einer Ehe zwischen zwei Frauen geboren wurde und dessen
Abstammung mitmütterlicherseits nur durch eine Adoption festgestellt werden konnte, eine neue Adoption absolut
unmöglich ist, solange die Adoptierende noch am Leben ist,
- während bei Kindern mit einem gewöhnlichen Abstammungsverhältnis eine neue Adoption wohl möglich ist,
und zwar auch dann, wenn der Elternteil noch am Leben ist? ».
(...)
III. Rechtliche Würdigung
(...)
B.1. In der auf die Hauptsache anwendbaren Fassung bestimmt Artikel 347-1 Zivilgesetzbuch das Folgende:
«Ein Kind, das bereits einfach oder volladoptiert worden ist, kann nochmals einfach oder volladoptiert werden,
wenn alle für das Zustandekommen der erneuten Adoption erforderlichen Bedingungen erfüllt sind und wenn:
1. der frühere Adoptierende beziehungsweise die früheren Adoptierenden verstorben sind;
2. oder die frühere Adoption revidiert worden ist oder die frühere einfache Adoption hinsichtlich des
Adoptierenden beziehungsweise der Adoptierenden widerrufen worden ist
3. oder es aufgrund sehr schwerwiegender Gründe erforderlich ist, dass auf Antrag der Staatsanwaltschaft eine
erneute Adoption ausgesprochen wird ».
B.2. Der verweisende Richter hat dem Gerichtshof die folgende Vorabentscheidungsfrage gestellt:
«Verstößt Artikel 347-1 des Zivilgesetzbuches gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, insofern er zur Folge
hat, dass
- für ein Kind, das vor dem 1 Januar 2015 (dem Datum des Inkrafttretens des Gesetzes vom 5. Mai 2014 zur
Feststellung der Abstammung von der Mitmutter) aus einer Ehe zwischen zwei Frauen geboren wurde und dessen
Abstammung mitmütterlicherseits nur durch eine Adoption festgestellt werden konnte, eine neue Adoption absolut
unmöglich ist, solange die Adoptierende noch am Leben ist,
- während bei Kindern mit einem gewöhnlichen Abstammungsverhältnis eine neue Adoption wohl möglich ist,
und zwar auch dann, wenn der Elternteil noch am Leben ist? ».
B.3.1. Laut des Ministerrates braucht die Vorabentscheidungsfragekeine Antwort, weil der verweisende Richter zu
Unrecht davon ausgehen würde, das die fragliche Vorschrift eine neue Adoption während des Lebens des
Adoptierenden verbiete. Die fragliche Vorschrift beinhalte nämlich noch zwei Möglichkeiten für eine neue Adoption.
Außerdem vergleiche der verweisende Richter die Wirkung der fraglichen Vorschrift in der Hauptsache mit einer
Situation, die sich nicht ereignen könne, da ein Kind, das ein Abstammungsverhältnis bezüglich des Partners der
Mutter habe, für eine Erstadoption in Betracht komme, worauf die fragliche Bestimmung nicht anwendbar sei.
B.3.2. Aus dem Wortlaut der Vorabentscheidungsfrage geht hervor, dass der verweisende Richter den Gerichtshof
über die Vereinbarkeit der fraglichen Vorschrift - als Ganzes genommen - mit dem Grundsatz der Gleichheit- und
Nichtdiskriminierung befragt. Insbesondere möchte er vom Gerichtshof erfahren, ob die unterschiedliche Behandlung
von einerseits Kindern aus einer heterosexuellen Ehe und andererseits von Kindern aus einer Ehe zwischen zwei
Frauen vor dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 5. Mai 2014 zur Feststellung der Abstammung von der Mitmutter mit
dem Grundsatz der Gleichheit und Nichtdiskriminierung vereinbar ist.
Im ersten Fall entsteht ein ursprüngliches Abstammungsverhältnis zwischen dem Kind und dem Partner der
Mutter, während im zweiten Fall nur ein Abstammungsverhältnis anhand einer Adoption zustandekommen konnte.
Demzufolge ist nur im zweiten Fall die fragliche Vorschrift immer anwendbar, wenn ein neuer Partner der Mutter das
Kind nach einer Adoption durch den ersten Partner der Mutter, adoptieren möchte.
Der Gerichtshof prüft die Vorabentscheidungsfrage in dem Sinne.
B.3.3. Das obige Gesetz vom 5. Mai 2014 ist am 1. Januar 2015 in Kraft getreten. Für Kinder, die ab dem Datum aus
einer Ehe zwischen zwei Frauen hervorgegangen sind, entsteht ein ursprüngliches Abstammungsverhältnis
hinsichtlich der Ehefrau ihrer Mutter. Es besteht daher nicht länger ein Unterschied bezüglich der Behandlung von
Kindern, die aus einer Ehe zwischen einer Frau und einem Mann hervorgegangen sind.
B.4.1. Der Grundsatz der Gleichheit und Nichtdiskriminierung schließt eine unterschiedliche Behandlung von
Personenkategorien nicht aus, soweit dieser Unterschied auf einem objektiven Kriterium beruht und angemessen
verantwortet ist.
Die Existenz einer solchen Verantwortungmuss unter Berücksichtigung des Zwecks und der Folgen der fraglichen
Maßnahme sowie der Art der einschlägigen geltenden Grundsätze beurteilt werden;der Grundsatz der Gleichheit und
Nichtdiskriminierung ist verletzt, wenn feststeht, dass es keine angemessene Verhältnismäßigkeit zwischen den
angewandten Mitteln und dem beabsichtigten Zweck gibt.
B.4.2. Obwohl das Interess e des Kindes an erster Stelle steh t, hat das keinen absoluten Chara kter.
Bei der Abwägung der verschiedenen auf dem Spiel stehenden Interessen nimmt das Interesse des Kindes jedoch einen
besonderen Stellenwert ein, da es die schwache Partei in dem Familienverhältnis ist.
42244 BELGISCH STAATSBLAD 22.05.2018 MONITEUR BELGE

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