Arrêt Nº 4/2014. Cour constitutionnelle (Cour d'Arbitrage), 2014-01-16

Date16 janvier 2014
Docket NumberF-20140116-11
CourtCour constitutionnelle (Cour d'Arbitrage)
B.9.3. Wenn das Europäische Patentamt vor dem 13. Dezember 2007 im Europäischen Patentblatt den Hinweis auf
die Erteilung eines in Englisch verfassten europäischen Patents bekannt machte, veröffentlichte es gleichzeitig dessen
Patentschrift mit der Beschreibung, den Patentansprüchen und gegebenenfalls den Zeichnungen dieses Patents
(Artikel 98 des Europäischen Patentübereinkommens, vor seiner Ersetzung durch Artikel 1 Nummer 43 der Akte vom
29. November 2000). Diese Patentschrift enthielt eine Übersetzung der Patentansprüche in Deutsch und in Französisch
(Artikel 14 Absätze 1 und 7 desselben Übereinkommens, vor ihrer Ersetzung durch Artikel 1 Nummer 3 der Akte vom
29. November 2000).
B.9.4. Eine nach dem 13. Dezember 2007 getroffene Entscheidung des Europäischen Patentamtes, ein europäisches
Patent, das vor diesem Datum in Englisch erteilt worden war, in geänderter Fassung aufrechtzuerhalten, setzt voraus,
dass der Inhaber dieses Patents selbst Änderungen an der Beschreibung, den Patentansprüchen oder den Zeichnungen
seines Patents während des Einspruchsverfahrens vorgenommen hat (Artikel 101 Absatz 3 des Europäischen
Patentübereinkommens, ersetzt durch Artikel 1 Nummer 46 der Akte vom 29. November 2000; Regeln 79 Absatz 1,
80 und 81 Absatz 3 der Ausführungsordnung zum Europäischen Patentübereinkommen 2000 in der Fassung des
Beschlusses des Verwaltungsrats vom 7. Dezember 2006).
Eine solche Entscheidung kann nicht getroffen werden, bevor der betreffende Inhaber dem Europäischen
Patentamt eine Übersetzung in Deutsch und in Französisch der geänderten Patentansprüche übermittelt hat (Regel 82
der Ausführungsordnung zum Europäischen Patentübereinkommen 2000).
Seit dem 13. Dezember 2007 werden die Übersetzungen in Deutsch und in Französisch der Patentansprüche der
neuen Patentschrift eines europäischen Patents, das in Englisch verfasst ist und nach einem Einspruchsverfahren
geändert wird, durch das Europäisches Patentamt «so bald wie möglich»nach der Bekanntmachung des Hinweises auf
die Entscheidung, das geänderte Patent aufrechtzuerhalten, im Europäischen Patentblatt veröffentlicht (Artikel 103 des
Europäischen Patentübereinkommen, ersetzt durch Artikel 1 Nummer 48 der Akte vom 29. November 2000).
B.9.5. Die Weise, auf die der Gesetzgeber eine in einer Vertragsbestimmung vorgesehene Möglichkeit nutzt, muss
hinsichtlich des Artikels 16 der Verfassung und des Artikels 1 des ersten Zusatzprotokolls zur Europäischen
Menschenrechtskonvention gerechtfertigt sein.
B.9.6. Obwohl das Fehlen eines Teils der Übersetzung fast keinen Einuss auf die Kenntnis hat, die Dritte vom
Bestehen und von der Tragweite des europäischenPatents erlangen können, hat der Gesetzgeber sich für eine extreme,
von der Dauer und dem Grund der Überschreitung der Frist unabhängige Sanktion entschieden. Diese Sanktion kann
sehr bedeutende wirtschaftliche Folgen für den Inhaber des europäischen Patents haben.
Artikel 65 Absatz 3 des Europäischen Patentübereinkommens verlangt eine solche Sanktion jedoch nicht, da diese
Bestimmung nicht ausschließt, dass der Gesetzgeber eine weniger extreme Sanktion wählt, wie eine Geldbuße oder die
Nichtwirksamkeit gegenüber Dritten, die nachweisen können, dass sie in Ermangelung einer Übersetzung nicht
ausreichend über das Bestehen und die Tragweite des europäischen Patents informiert worden sind.
B.10. Da der vorerwähnte Artikel 5 §1bis des Gesetzes vom 8. Juli 1977 und der vorerwähnte Artikel 70bis des
Gesetzes vom 28. März 1984 nicht in Kraft getreten sind, hat ein Patentinhaber, der nicht imstande ist, die in der
fraglichen Bestimmung vorgesehene Frist von drei Monaten einzuhalten, nicht die Möglichkeit, diese Frist verlängern
zu lassen.
Die in der fraglichen Bestimmung enthaltene Verpichtung würde im Übrigen hinfällig, wenn Belgien dem
Londoner Übereinkommen vom 17. Oktober 2000 «über die Anwendung des Artikels 65 des Übereinkommens über die
Erteilung europäischer Patente»beitreten würde. Artikel 1 dieses Übereinkommens bestimmt nämlich, dass jeder
Vertragsstaat des Übereinkommens, der mindestens eineAmtssprache mit einer der Amtssprachen des Europäischen
Patentamts gemein hat, auf die in Artikel 65 des Europäischen Patentübereinkommens vorgesehenen Übersetzungs-
erfordernisse verzichtet.
B.11. Der fragliche Eigentumsentzug steht nicht im Verhältnis zum angestrebten Ziel und verstößt auf
ungerechtfertigte Weise gegen das Eigentumsrecht des Inhabers des europäischen Patents.
B.12. Die Vorabentscheidungsfrage ist bejahend zu beantworten.
Aus diesen Gründen:
Der Gerichtshof
erkennt für Recht:
Artikel 5 §2 des Gesetzes vom 8. Juli 1977 «zur Billigung folgender internationaler Akte: 1. Übereinkommen zur
Vereinheitlichung gewisser Begriffe des materiellen Rechts der Erndungspatente, abgeschlossen in Straßburg am
27. November 1963, 2. Vertrag über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens und
Ausführungsordnung, abgeschlossen in Washington am 19. Juni 1970, 3. Übereinkommen über die Erteilung
europäischer Patente (Europäisches Patentübereinkommen), Ausführungsordnung und vier Protokolle, abgeschlossen
in München am 5. Oktober 1973, 4. Übereinkommen über das europäische Patent für den Gemeinsamen Markt
(Ge mei nsc haf tsp ate ntüb ere ink omm en) u nd Au sfüh run gso rdn ung , abg esc hlo sse n in Lu xem bur g am
15. Dezember 1975», insofern er auf den Inhaber eines europäischen Patents anwendbar ist, das in Englisch erteilt, vor
dem 13. Dezember 2007 veröffentlicht und anschließend nach diesem Datum im Anschluss an ein Einspruchsverfahren
vom Europäischen Patentamt aufrechterhalten wurde, verstößt gegen Artikel 16 der Verfassung in Verbindung mit
Artikel 1 des ersten Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention.
Verkündetin französischer und niederländischer Sprache, gemäß Artikel 65 des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989
über den Verfassungsgerichtshof, in der öffentlichen Sitzung vom 16. Januar 2014.
Der Kanzler, Der Präsident,
(gez.) P.-Y. Dutilleux (gez.) J. Spreutels
*
COUR CONSTITUTIONNELLE
[2014/201422]
Extrait de larrêt n°4/2014 du 16 janvier 2014
Numéro du rôle : 5566
En cause : la question préjudicielle relative àlarticle 1053, alinéa 2, du Code judiciaire, posée par la Cour du travail
de Bruxelles.
La Cour constitutionnelle,
composée des présidents J. Spreutels et A. Alen, des juges E. De Groot, L. Lavrysen, J.-P. Snappe, J.-P. Moerman,
E. Derycke, T. Merckx-Van Goey, P. Nihoul, F. Daoût et T. Giet, et, conformément àlarticle 60bis de la loi du
6 janvier 1989 sur la Cour constitutionnelle, du président émérite M. Bossuyt, assistée du greffier P.-Y. Dutilleux,
présidée par le président J. Spreutels,
29516 BELGISCH STAATSBLAD 04.04.2014 Ed. 2 MONITEUR BELGE

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