10. OKTOBER 1967 - Gerichtsgesetzbuch, Teil I - Inoffizielle Koordinierung in deutscher Sprache von Auszügen

Der folgende Text ist die inoffizielle Koordinierung in deutscher Sprache von Teil I des Gerichtsgesetzbuches, so wie es nacheinander abgeändert worden ist durch:

- das Gesetz vom 24. Juni 1970 zur Abänderung des Gesetzes vom 10. Oktober 1967 zur Einführung des Gerichtsgesetzbuches und gewisser Bestimmungen über die Zuständigkeit der Gerichtshöfe und Gerichte sowie über das Zivilverfahren,

- das Gesetz vom 24. Mai 1985 zur Abänderung der Artikel 37, 38, 43 und 46 des Gerichtsgesetzbuches,

- das Gesetz vom 23. März 1999 über das Gerichtswesen in Steuerangelegenheiten,

- das Gesetz vom 20. Oktober 2000 zur Einführung des Gebrauchs von Telekommunikationsmitteln und der elektronischen Unterschrift bei gerichtlichen und aussergerichtlichen Verfahren,

- das Gesetz vom 26. Juni 2001 zur Abänderung von Artikel 50 des Gerichtsgesetzbuches,

- das Gesetz vom 26. Mai 2003 zur Regelung der Vertretung der Föderalen Gesetzgebenden Kammern bei gerichtlichen und aussergerichtlichen Handlungen,

- das Gesetz vom 13. Dezember 2005 zur Festlegung von Bestimmungen in Bezug auf die Fristen, den kontradiktorischen Antrag und das Verfahren der kollektiven Schuldenregelung,

- das Gesetz vom 5. August 2006 zur Abänderung gewisser Bestimmungen des Gerichtsgesetzbuches im Hinblick auf die elektronische Verfahrensführung,

- das Gesetz vom 26. April 2007 zur Abänderung des Gerichtsgesetzbuches im Hinblick auf die Bekämpfung des gerichtlichen Rückstands,

- das Gesetz vom 6. April 2010 zur Abänderung gewisser Bestimmungen im Hinblick auf die Zustellung und Notifizierung durch Gerichtsbrief.

Diese inoffizielle Koordinierung in deutscher Sprache ist von der Zentralen Dienststelle für Deutsche Übersetzungen in Malmedy erstellt worden.

TEIL I - ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE

KAPITEL I - Vorhergehende Bestimmungen

Artikel 1 - Vorliegendes Gesetzbuch regelt die Organisation der Gerichtshöfe und Gerichte, die Zuständigkeiten und das Verfahren.

  1. 2 - Die in vorliegendem Gesetzbuch aufgestellten Regeln sind anwendbar auf alle Verfahren, ausser wenn diese von nicht ausdrücklich aufgehobenen Gesetzesbestimmungen geregelt werden oder von Rechtsgrundsätzen, deren Anwendung mit den Bestimmungen des vorliegenden Gesetzbuches nicht vereinbar sind.

  2. 3 - Die Gesetze über das Gerichtswesen, die Zuständigkeit und das Verfahren sind anwendbar auf laufende Prozesse ohne Entbindung der Gerichtsinstanz, bei der sie rechtsgültig anhängig gemacht wurden, vorbehaltlich der gesetzlich vorgesehenen Ausnahmen.

  3. 4 - Je nach Art der Sachen wird nach ihrer Behandlung in der Reihenfolge über sie entschieden, in der eine Entscheidung gefordert worden ist.

  4. 5 - Rechtsverweigerung liegt vor, wenn ein Richter unter irgendeinem Vorwand, selbst bei fehlenden, undeutlichen oder unvollständigen Gesetzesvorschriften, sich weigert Recht zu sprechen.

  5. 6 - Die Richter dürfen sich in allen ihnen unterbreiteten Sachen nicht im Wege einer allgemeinen und als Regel geltenden Verfügung aussprechen.

  6. 7 - Richter sind verpflichtet, Auslegungsgesetze in allen Sachen zu beachten, in denen zum Zeitpunkt, wo diese Gesetze verbindlich werden, noch keine definitive Entscheidung über die Rechtsfrage ergangen ist.

  7. 8 - Zuständigkeit ist die Gewalt des Richters, in einer vor ihn gebrachten Sache zu erkennen.

  8. 9 - Sachliche Zuständigkeit ist die Gerichtsbarkeit, die aufgrund des Gegenstandes, des Wertes und gegebenenfalls der Dringlichkeit der Klage oder der Eigenschaft der Parteien bestimmt ist.

    Sie kann nicht ausgeweitet werden, es sei denn, das Gesetz sieht es anders vor.

  9. 10 - Örtliche Zuständigkeit ist die Gerichtsbarkeit, die ein Richter in einem Amtsbereich gemäss den gesetzlich festgelegten Regeln innehat.

  10. 11 - Richter können ihre Gerichtsbarkeit nicht übertragen.

    Sie können jedoch Rechtshilfeersuchen an ein anderes Gericht oder einen anderen Richter und selbst an eine ausländische Gerichtsbehörde richten, um gerichtliche Untersuchungshandlungen vornehmen zu lassen.

  11. 12 - Eine Klage ist entweder eine verfahrenseinleitende Klage oder eine Zwischenklage.

    Eine verfahrenseinleitende Klage eröffnet den Prozess.

  12. 13 - Eine Zwischenklage ist jegliche Klage, die im Laufe eines Prozesses erhoben wird und darauf abzielt, entweder die ursprüngliche Klage abzuändern oder neue Klagen unter den Parteien einzureichen oder Personen am Verfahren zu beteiligen, die noch nicht in das Verfahren herangezogen wurden.

  13. 14 - Eine Widerklage ist eine Zwischenklage, die vom Beklagten erhoben wird und darauf abzielt, eine Verurteilung zu Lasten des Klägers aussprechen zu lassen.

  14. 15 - Ein Beitritt ist ein Verfahren, durch das ein Dritter Partei des Rechtsstreits wird.

    Er zielt darauf ab, entweder die Belange der beitretenden Partei oder einer der Parteien des Rechtsstreits zu wahren oder eine Verurteilung aussprechen beziehungsweise eine Gewährleistung anordnen zu lassen.

  15. 16 - Ein Beitritt ist freiwillig, wenn ein Dritter auftritt, um seine Belange zu verteidigen.

    Ein Beitritt ist erzwungen, wenn ein Dritter im Laufe des Verfahrens von einer oder mehreren Parteien geladen wird.

    KAPITEL II - Bedingungen einer Klage

  16. 17 - Eine Klage ist nicht annehmbar, wenn der Kläger die Eigenschaft und das Interesse nicht hat, um sie zu erheben.

  17. 18 - Ein Interesse muss bereits vorhanden und aktuell sein.

    Eine Klage kann angenommen werden, wenn sie erhoben wurde - selbst zwecks Feststellung eines Rechts - um der Verletzung eines ernsthaft bedrohten Rechts vorzubeugen.

    KAPITEL III - Urteile und Entscheide

  18. 19 - Ein Urteil ist ein Endurteil, insofern mit ihm die Rechtsprechungsbefugnis des Richters in einer Streitfrage ausgeschöpft ist, vorbehaltlich der gesetzlich festgelegten Rechtsmittel.

    [Bevor der Richter Recht spricht, kann er zu jedem Verfahrenszeitpunkt eine vorhergehende Massnahme anordnen, um entweder die Klage zu untersuchen oder einen Zwischenstreit über eine derartige Massnahme zu regeln oder die Situation der Parteien vorläufig zu regeln. Die zuerst handelnde Partei kann hierzu die Sache zu jedem Verfahrenszeitpunkt durch einen einfachen schriftlichen Antrag, der bei der Gerichtskanzlei eingereicht oder an sie gerichtet wird, vor den Richter bringen; der Greffier lädt die Parteien und gegebenenfalls ihren Rechtsanwalt durch einfachen Brief oder, wenn die Partei in der Einleitungssitzung säumig ist, durch Gerichtsbrief vor.]

    [Art. 19 Abs. 2 ersetzt durch Art. 2 des G. vom 26. April 2007 (B.S. vom 12. Juni 2007)]

    Gemäss Artikel 31 des G. vom 26. April 2007 (B.S. vom 12. Juni 2007) bleibt nachstehende Fassung von Artikel 19 anwendbar auf alle Sachen, für die vor dem 1. September 2007 eine Anberaumung stattfand, ein Verfahrenskalender festgelegt oder ein Anberaumungsantrag eingereicht wurde:

    Art. 19 - Ein Urteil ist ein Endurteil, insofern mit ihm die Rechtsprechungsbefugnis des Richters in einer Streitfrage ausgeschöpft ist, vorbehaltlich der gesetzlich festgelegten Rechtsmittel.

    Bevor der Richter Recht spricht, kann er eine vorhergehende Massnahme anordnen, um die Klage zu untersuchen oder die Situation der Parteien vorläufig zu regeln.

  19. 20 - Nichtigkeitsgründe können nicht gegen Urteile geltend gemacht werden. Letztere können nur durch die gesetzlich festgelegten Rechtsmittel für nichtig erklärt werden.

  20. 21 - Ordentliche Rechtsmittel sind der Einspruch und die Berufung.

    Es gibt ausserdem je nach Fall ausserordentliche Rechtsmittel: die Kassationsbeschwerde, den Dritteinspruch, den Wiederaufnahmeantrag und die Haftungsklage.

  21. 22 - Die Entscheidungen der Gerichtshöfe werden Entscheide genannt.

    KAPITEL IV - Abgeurteilte Sache

  22. 23 - Die Autorität der abgeurteilten Sache erstreckt sich nur auf das, was Gegenstand der Entscheidung war. Erforderlich ist, dass die eingeklagte Sache dieselbe ist; dass die Klage auf dieselbe Ursache gegründet ist; dass die Klage zwischen denselben Parteien besteht und von ihnen und gegen sie in derselben Eigenschaft erhoben wird.

  23. 24 - Jede Endentscheidung hat ab ihrer Verkündung die Autorität der abgeurteilten Sache.

  24. 25 - Die Autorität der abgeurteilten Sache verhindert, dass die Klage erneut erhoben wird.

  25. 26 - Die Autorität der abgeurteilten Sache bleibt bestehen, solange die Entscheidung nicht aufgehoben wurde.

  26. 27 - Die Einrede der abgeurteilten Sache kann zu jedem Verfahrenszeitpunkt vor dem Tatsachenrichter, bei dem die Klage anhängig ist, geltend gemacht werden.

    Sie kann nicht von Amts wegen vom Richter aufgeworfen werden.

  27. 28 - Jede Entscheidung wird rechtskräftig, wenn gegen sie kein Einspruch oder keine Berufung mehr eingelegt werden kann, vorbehaltlich der gesetzlich festgelegten Ausnahmen und unbeschadet der Wirkungen der ausserordentlichen Rechtsmittel.

    KAPITEL V - Mehrfache Rechtshängigkeit und Zusammenhang

  28. 29 - Mehrfache Rechtshängigkeit liegt immer dann vor, wenn Klagen erhoben werden mit demselben Gegenstand und wegen derselben...

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