Auszug aus dem Entscheid Nr. 59/2023 vom 11. April 2023 Geschäftsverzeichnisnummern 7638, 7644, 7656, 7683

Auszug aus dem Entscheid Nr. 59/2023 vom 11. April 2023

Geschäftsverzeichnisnummern 7638, 7644, 7656, 7683, 7698 und 7701

In Sachen: Klagen auf Nichtigerklärung der Artikel 6 und 9 des Dekrets der Flämischen Region vom 21. Mai 2021 « zur Abänderung des Dekrets vom 4. April 2014 über die Organisation und das Verfahren gewisser flämischer Verwaltungsgerichtsbarkeiten, was die Optimierung der Verfahren betrifft », erhoben von Hugo Bogaerts und anderen, von der VoG « Aktiekomitee Red de Voorkempen », von der VoG « Vereniging van Schotenhof », von der Kammer der flämischen Rechtsanwaltschaften, von der VoG « Natuurpunt » und anderen und von der VoG « Bescherm Bomen en Natuur ».

Der Verfassungsgerichtshof,

zusammengesetzt aus den Präsidenten L. Lavrysen und P. Nihoul, und den Richtern T. Giet, J. Moerman, M. Pâques, Y. Kherbache, T. Detienne, D. Pieters, S. de Bethune, E. Bribosia, W. Verrijdt und K. Jadin, unter Assistenz des Kanzlers F. Meersschaut, unter dem Vorsitz des Präsidenten L. Lavrysen,

erlässt nach Beratung folgenden Entscheid:

I. Gegenstand der Klagen und Verfahren

  1. Mit einer Klageschrift, die dem Gerichtshof mit am 20. September 2021 bei der Post aufgegebenem Einschreibebrief zugesandt wurde und am 21. September 2021 in der Kanzlei eingegangen ist, erhoben Klage auf Nichtigerklärung von Artikel 6 des Dekrets der Flämischen Region vom 21. Mai 2021 « zur Abänderung des Dekrets vom 4. April 2014 über die Organisation und das Verfahren gewisser flämischer Verwaltungsgerichtsbarkeiten, was die Optimierung der Verfahren betrifft » (veröffentlicht im Belgischen Staatsblatt vom 14. Juni 2021): Hugo Bogaerts, André Didden, Denis Malcorps, Jan Creve, Annick Meurant, Jan Stevens, Guy Van Loon und Dirk Bus, unterstützt und vertreten durch RA P. Vande Casteele, in Antwerpen zugelassen.

  2. Mit einer Klageschrift, die dem Gerichtshof mit am 4. Oktober 2021 bei der Post aufgegebenem Einschreibebrief zugesandt wurde und am 5. Oktober 2021 in der Kanzlei eingegangen ist, erhob die VoG « Aktiekomitee Red de Voorkempen », unterstützt und vertreten durch RA P. Vande Casteele, Klage auf Nichtigerklärung derselben Dekretsbestimmung.

  3. Mit einer Klageschrift, die dem Gerichtshof mit am 22. Oktober 2021 bei der Post aufgegebenem Einschreibebrief zugesandt wurde und am 25. Oktober 2021 in der Kanzlei eingegangen ist, erhob die VoG « Vereniging van Schotenhof », unterstützt und vertregen durch RA R. Wens, in Antwerpen zugelassen, und durch RA P. Vande Casteele, Klage auf Nichtigerklärung derselben Dekretsbestimmung.

  4. Mit einer Klageschrift, die dem Gerichtshof mit am 19. November 2021 bei der Post aufgegebenem Einschreibebrief zugesandt wurde und am 25. November 2021 in der Kanzlei eingegangen ist, erhob die Kammer der flämischen Rechtsanwaltschaften, unterstützt und vertreten durch RA S. Boullart, RA J. Snauwaert und RA B. D'Hollander, in Gent zugelassen, Klage auf Nichtigerklärung der Artikel 6 und 9 desselben Dekrets.

  5. Mit einer Klageschrift, die dem Gerichtshof mit am 9. dezember 2021 bei der Post aufgegebenem Einschreibebrief zugesandt wurde und am 10. Dezember 2021 in der Kanzlei eingegangen ist, erhoben Klage auf Nichtigerklärung von Artikel 6 Absatz 2 Nrn. 2 und 3 desselben Dekrets: die VoG « Natuurpunt », die VoG « Greenpeace Belgium », die VoG « World Wide Fund for Nature Belgium », die VoG « Grootouders voor het klimaat », die VoG « Actiegroep Leefmilieu Rupelstreek », die VoG « Klimaatzaak », die VoG « Limburgse Milieukoepel », die VoG « Milieufront Omer Wattez », die VoG « Bos+ Vlaanderen », die VoG « Dryade » und die VoG « Bond Beter Leefmilieu Vlaanderen », understützt und vertreten durch RA J. Verstraeten, in Löwen zugelassen.

  6. Mit einer Klageschrift, die dem Gerichtshof mit am 13. Dezember 2021 bei der Post aufgegebenem Einschreibebrief zugesandt wurde und am 14. Dezember 2021 in der Kanzlei eingegangen ist, erhob die VoG « Bescherm Bomen en Natuur », unterstützt und vertreten durch RÄin M. Ryelandt, in Westflandern zugelassen, Klage auf Nichtigerklärung von Artikel 6 derselben Dekrets.

Diese unter den Nummern 7638, 7644, 7656, 7683, 7698 und 7701 ins Geschäftsverzeichnis des Gerichtshofes eingetragenen Rechtssachen wurden verbunden.

(...)

II. Rechtliche Würdigung

(...)

In Bezug auf die Zulässigkeit

B.1.1. Die Flämische Regierung stellt das Interesse der klagenden Parteien in den Rechtssachen Nrn. 7638, 7644 und 7656 an der Nichtigerklärung der von ihnen angefochtenen Bestimmung in Abrede, die bezweckt, die Verfahren vor gewissen flämischen Verwaltungsgerichtsbarkeiten zu optimieren.

B.1.2. Die Verfassung und das Sondergesetz vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof erfordern, dass jede natürliche oder juristische Person, die eine Nichtigkeitsklage erhebt, ein Interesse nachweist. Das erforderliche Interesse liegt nur bei jenen Personen vor, deren Situation durch die angefochtene Rechtsnorm unmittelbar und ungünstig beeinflusst werden könnte; demzufolge ist die Popularklage nicht zulässig.

B.1.3. Die klagenden Parteien in den Rechtssachen Nrn. 7638, 7644 und 7656, natürliche und juristische Personen, beantragen die Nichtigerklärung von Artikel 6 des Dekrets der Flämischen Region vom 21. Mai 2021 « zur Abänderung des Dekrets vom 4. April 2014 über die Organisation und das Verfahren gewisser flämischer Verwaltungsgerichtsbarkeiten, was die Optimierung der Verfahren betrifft » (nachstehend: Dekret vom 21. Mai 2021). Sie machen glaubhaft, dass sie bereits früher vor dem Rat für Genehmigungsstreitsachen und dem Kollegium für Rechtsdurchsetzung als Verfahrensparteien aufgetreten sind, dass sie dies offensichtlich noch tun werden und dass einige von ihnen außerdem an einem vor dem Rat für Genehmigungsstreitsachen anhängigen Verfahren beteiligt sind, in dem die beklagte Behörde die Anwendung der angefochtenen Bestimmung beantragt.

Die Einrede wird abgewiesen.

B.2.1. Die Flämische Regierung beantragt auch, dass die klagenden VoG in den Rechtssachen Nrn. 7644 und 7656, « Aktiekomitee Red de Voorkempen » und « Vereniging van Schotenhof », den Nachweis eines vom zuständigen Organ gefassten Beschlusses über das gerichtliche Auftreten vorlegen.

B.2.2. Aus der Akte ergibt sich, dass die Klageschriften vom Rechtsanwalt der klagenden Parteien unterzeichnet wurden.

Aufgrund von Artikel 440 Absatz 2 des Gerichtsgesetzbuches tritt der Rechtsanwalt als Bevollmächtigter der Partei auf, ohne jegliche Bevollmächtigung nachweisen zu müssen, außer wenn durch das Gesetz eine Sondervollmacht verlangt wird. Es gilt also die gesetzliche Vermutung, dass die Prozessvollmacht auf Seiten des Rechtsanwalts besteht. Diese Vermutung ist widerlegbar, sowohl bei natürlichen als auch bei juristischen Personen.

Artikel 7 Absatz 3 des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 sieht vor, dass der Nachweis für den Beschluss des zuständigen Organs der juristischen Person, gerichtlich vorzugehen, « auf erstes Verlangen » beizubringen ist. Diese Formulierung erlaubt es dem Gerichtshof, von einem solchen Verlangen abzusehen, insbesondere, wenn die juristische Person durch einen Rechtsanwalt vertreten wird. Eine Partei ist berechtigt, geltend zu machen, dass der Beschluss, gerichtlich vorzugehen, nicht durch die zuständigen Organe der juristischen Person gefasst wurde, jedoch muss sie ihren Einwand plausibel machen, was mit allen rechtlichen Mitteln möglich ist.

B.2.3. Die Flämische Regierung weist nicht nach, dass der Rechtsanwalt der klagenden Parteien nicht über die erforderliche Vollmacht verfügt. Sie macht auch nicht glaubhaft, dass die klagenden VoG ihre Klagen nicht auf rechtswirksame Weise erhoben hätten.

Die Einrede wird abgewiesen.

B.3.1. Die Flämische Regierung macht schließlich geltend, dass einerseits die Klagegründe in den Rechtssachen Nrn. 7638, 7644 und 7656 und andererseits der einzige Klagegrund in der Rechtssache Nr. 7701 teilweise unzulässig seien, weil nicht dargelegt werde, wie und inwiefern manche der in diesen Klagegründen angeführten Referenznormen verletzt seien.

B.3.2. Um den Erfordernissen nach Artikel 6 des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof zu entsprechen, müssen die in der Klageschrift vorgebrachten Klagegründe angeben, welche Vorschriften, deren Einhaltung der Gerichtshof gewährleistet, verletzt wären und welche Bestimmungen gegen diese Vorschriften verstoßen würden, und darlegen, in welcher Hinsicht diese Vorschriften durch die fraglichen Bestimmungen verletzt würden.

Der Gerichtshof prüft die Klagegründe, insofern sie diese Erfordernisse erfüllen.

In Bezug auf die angefochtenen Bestimmungen und deren Kontext

B.4.1. Die klagenden Parteien in den Rechtssachen Nrn. 7638, 7644, 7656, 7683, 7698 und 7701 beantragen die Nichtigerklärung von Artikel 6 des Dekrets vom 21. Mai 2021. Die klagende Partei in der Rechtssache Nr. 7683 beantragt ebenfalls die Nichtigerklärung von Artikel 9 des Dekrets vom 21. Mai 2021.

B.4.2. Artikel 6 des Dekrets vom 21. Mai 2021 bestimmt, dass in Artikel 35 des Dekrets der Flämischen Region vom 4. April 2014 « über die Organisation und das Verfahren gewisser flämischer Verwaltungsgerichtsbarkeiten » (nachstehend: Dekret vom 4. April 2014) der dritte Absatz ersetzt wird. Der so abgeänderte Artikel 35 des Dekrets vom 4. April 2014 legt fest:

Si une juridiction administrative flamande telle que visée à l'article 2, 1°, a) et b), déclare le recours fondé, elle annule entièrement ou partiellement la décision contestée, sans préjudice de l'application de l'article 34.

Dans son arrêt, une juridiction administrative flamande telle que visée à l'article 2, 1°, a) et b), statue sur tous les moyens [invoqués] dont elle juge que l'évaluation peut être utile en cas d'une nouvelle décision ou d'un autre acte de l'administration.

Sans qu'il soit porté préjudice à la possibilité d'invoquer la violation de règles d'ordre public, la violation d'une norme ou d'un principe de droit général ne peut donner lieu à une annulation dans l'un des cas suivants :

1° si la partie...

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