Auszug aus dem Entscheid Nr. 39/2018 vom 29. März 2018 Geschäftsverzeichnisnummern 6550 und 6613 In Sachen: Klagen auf teilweise Nichtigerklärung des Dekrets der Französischen Gemeinschaft vom 13.

Auszug aus dem Entscheid Nr. 39/2018 vom 29. März 2018

Geschäftsverzeichnisnummern 6550 und 6613

In Sachen: Klagen auf teilweise Nichtigerklärung des Dekrets der Französischen Gemeinschaft vom 13. Juli 2016 über die Einführung eines Fachs Philosophie und staatsbürgerliche Gesinnung im Grundschulunterricht sowie die Aufrechterhaltung der alternativen pädagogischen Betreuung im Sekundarunterricht, erhoben von Sultana Kouhmane und anderen und von Axel De Backer und anderen.

Der Verfassungsgerichtshof,

zusammengesetzt aus den Präsidenten J. Spreutels und A. Alen, den Richtern L. Lavrysen, J.-P. Snappe, J.-P. Moerman, E. Derycke, T. Merckx-Van Goey, F. Daoût und T. Giet, und dem emeritierten Präsidenten E. De Groot, gemäß Artikel 60bis des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof, unter Assistenz des Kanzlers P.-Y. Dutilleux, unter dem Vorsitz des Präsidenten J. Spreutels,

erlässt nach Beratung folgenden Entscheid:

  1. Gegenstand der Klagen und Verfahren

    1. In der Rechtssache Nr. 6550

      Mit einer Klageschrift, die dem Gerichtshof mit am 25. November 2016 bei der Post aufgegebenem Einschreibebrief zugesandt wurde und am 28. November 2016 in der Kanzlei eingegangen ist, erhoben Klage auf Nichtigerklärung der Artikel 23, 24, 26, 29, 31 und 34 des Dekrets der Französischen Gemeinschaft vom 13. Juli 2016 über die Einführung eines Fachs Philosophie und staatsbürgerliche Gesinnung im Grundschulunterricht sowie die Aufrechterhaltung der alternativen pädagogischen Betreuung im Sekundarunterricht (veröffentlicht im Belgischen Staatsblatt vom 10. August 2016): Sultana Kouhmane, Valérie Thiry, Karine Devooght, Samira Mounsajim, Isabelle Jouveneau, Sylvianne Debaker, Marie Empeigne, Maryam Azzouz, Eleftheria Draguioti, Samira El Amrani, Faouzia En-Nafia, Younes Taibi, Jamal Eddine Kamli, Fatima Karali, Khadija Ben Sliman, Fatiha Chentouf, Claire Mean, Ekram El Kabir, Latifa Ouahabi, Faiza Amoutache, Jamila El Hadji, Anne Paye, Toufik M'Ahmed, Sylvie Luc, Marjana Mandi, Bochra Chaouch, Matthieu Faure, Danièle Manouvrier, Pascale Debaty, Said Abkar, Yosra Benkahia, Béatrice Moniot, Jonathan Lima-Brito, Marie-Arlette Vandecasteele, Samira Azmani, Assunta Del Tuffo, Francine Kaniki Bouguini, Arielle Deloose, Gianni Inglese-Compe, Saloua El Haddaoui, Ammar Kharoubi, Rafika Sahli und Sabrina Lamkin, unterstützt und vertreten durch RA F. Krenc, in Brüssel zugelassen.

    2. In der Rechtssache Nr. 6613

      Mit einer Klageschrift, die dem Gerichtshof mit am 10. Februar 2017 bei der Post aufgegebenem Einschreibebrief zugesandt wurde und am 13. Februar 2017 in der Kanzlei eingegangen ist, erhoben Klage auf Nichtigerklärung der Artikel 23, 24, 29 und 34 des vorerwähnten Dekrets der Französischen Gemeinschaft vom 13. Juli 2016: Axel De Backer, Saïd Andouh, Nathalie Peterfalvi, Habbachich Abd-Nasseur, Mostapha Hajui, Paraskévi Giotis, Nehama Uzan und die VoG « Collectif des profs de morale », unterstützt und vertreten durch RA J. Bourtembourg und RA F. Belleflamme, in Brüssel zugelassen.

      Am 16. Februar 2017 haben die referierenden Richter T. Giet und R. Leysen in Anwendung von Artikel 71 Absatz 1 des Sondergesetzes vom 6. Januar 1989 über den Verfassungsgerichtshof den Präsidenten davon in Kenntnis gesetzt, dass sie dazu veranlasst werden könnten, dem in beschränkter Kammer tagenden Gerichtshof vorzuschlagen, einen Entscheid zu erlassen, in dem festgestellt wird, dass die Nichtigkeitsklage offensichtlich unzulässig ist.

      Die klagenden Parteien haben einen Begründungsschriftsatz eingereicht.

      Durch Anordnung vom 22. März 2017 hat der Gerichtshof beschlossen, die Rechtssache gemäß dem ordentlichen Verfahren fortzusetzen.

      Durch Anordnung vom selben Tag hat der Gerichtshof die Rechtssachen Nrn. 6550 und 6613 verbunden.

      (...)

  2. Rechtliche Würdigung

    (...)

    In Bezug auf den Kontext und den Gegenstand des angefochtenen Dekrets

    B.1.1. Die Französische Gemeinschaft hat durch Dekret vom 22. Oktober 2015 « über die Organisation eines Unterrichts in und einer Erziehung zu Philosophie und staatsbürgerlicher Gesinnung » Artikel 8 des Gesetzes vom 29. Mai 1959 « zur Abänderung bestimmter Rechtsvorschriften im Unterrichtswesen » ergänzt und das Dekret vom 24. Juli 1997 « zur Bestimmung der vorrangigen Aufgaben des Grundschulunterrichts und des Sekundarunterrichts sowie zur Organisation der geeigneten Strukturen » geändert, um die Erziehung zu Philosophie und staatsbürgerlicher Gesinnung in den Pflichtunterricht aufzunehmen. In dem von der Französischen Gemeinschaft organisierten Unterrichtswesen, in dem von der Französischen Gemeinschaft subventionierten offiziellen Unterrichtswesen und in dem von der Französischen Gemeinschaft subventionierten freien nichtkonfessionellen Unterrichtswesen handelt es sich um einen neuen Unterricht, der anstelle von einer der zwei Unterrichtsstunden in nichtkonfessioneller Sittenlehre oder Religion oder - für die von diesem Unterricht befreiten Schüler - für zwei Unterrichtsstunden pro Woche erteilt wird.

    B.1.2. Ziel der Erziehung zu Philosophie und staatsbürgerlicher Gesinnung ist der Erwerb von Kompetenzen und Kenntnissen im Zusammenhang mit der philosophischen und ethischen Erziehung, der Erziehung zur Funktionsweise der Demokratie sowie der Erziehung zum Wohlbefinden (Artikel 60bis § 3 des vorgenannten Dekrets vom 24. Juli 1997). Zur Verwirklichung dieses Ziels legt der Rahmenplan über die Schlüsselkompetenzen für die Grundschule und die erste Stufe des Sekundarunterrichts vier voneinander abhängige Kapitel fest: « ein eigenständiges und kritisches Denken entwickeln », « sich selbst kennen lernen und sich dem Anderen öffnen", « die staatsbürgerliche Gesinnung unter gleichen Rechten und mit gleicher Würde zu entwickeln » und « sich im sozialen Leben und im demokratischen Raum engagieren » (Erlass der Regierung der Französischen Gemeinschaft vom 22. März 2017 zur Festlegung des Rahmenplans der Schlüsselkompetenzen in der Erziehung zu Philosophie und staatsbürgerlicher Gesinnung, Belgisches Staatsblatt, 12. April 2017, S. 50326).

    B.1.3. Bei der Annahme des vorgenannten Dekrets vom 22. Oktober 2015 wurde darauf hingewiesen, dass in der Erklärung der Gemeinschaftspolitik vom 25. Juli 2014 zur Organisation dieses neuen Unterrichts angegeben war:

    En aucun cas, cette réforme ne pourra entraîner la perte d'emploi pour les enseignants concernés en place

    (Doc. parl., Parlement de la Communauté française, 2015-2016, n° 171/1, p. 4).

    B.1.4. Durch das angefochtene Dekret vom 13. Juli 2016 « zur Durchführung eines Unterrichts in Philosophie und staatsbürgerlicher Gesinnung im Grundschulwesen sowie zur Beibehaltung der alternativen pädagogischen Betreuung im Sekundarunterricht » soll dieses Engagement konkretisiert werden (Parl. Dok., Parlament der Französischen Gemeinschaft, 2015-2016, Nr. 312/1, S. 4). Dieses Dekret sieht insbesondere vor, dass unter bestimmten « strikten » Voraussetzungen übergangsweise « die Lehrer für Religion oder Sittenlehre ihre im Amt des Lehrers für Philosophie und staatsbürgerliche Gesinnung erworbenen Rechte übertragen können » und « in das Amt des Lehrers für Philosophie und staatsbürgerliche Gesinnung als Ersatz für die verlorenen Unterrichtsstunden in RLMO [religion -morale; Religion - Sittenlehre] wechseln können » (ebd., S. 5).

    B.1.5. Bei den Diskussionen im Ausschuss hat die Bildungsministerin dargelegt:

    Ce projet concrétise également l'engagement de la Déclaration de politique communautaire (DPC) de procéder à cette réforme sans perte d'emploi global en garantissant les droits individuels des enseignants nommés à titre définitif et des temporaires prioritaires tout en assurant dès le départ la qualité du cours de citoyenneté et en évitant, autant que faire se peut, qu'un enseignant assure le cours de philosophie et de citoyenneté dans une implantation où il assure le cours de morale ou de religion

    (Doc. parl., Parlement de la Communauté française, 2015-2016, n° 312/3, p. 4).

    In Bezug auf die angefochtenen Bestimmungen

    B.2.1. Die in der Rechtssache Nr. 6550 klagenden Parteien beantragen die Nichtigerklärung der Artikel 23, 24, 26, 29, 31 und 34 des angefochtenen Dekrets. Die in der Rechtssache Nr. 6613 klagenden Parteien beantragen die Nichtigerklärung der Artikel 23, 24, 29 und 34 desselben Dekrets.

    B.2.2. Der angefochtene Artikel 23 fügt einen Artikel 293sexies in das Dekret vom 11. April 2014 « zur Regelung der Befähigungsnachweise und Ämter in dem von der Französischen Gemeinschaft organisierten und subventionierten Grundschul- und Sekundarschulwesen » ein. Der angefochtene Artikel 24 fügt einen Artikel 293septies in dasselbe Dekret ein. Diese neuen Bestimmungen beziehen sich auf Übergangsbestimmungen für das Amt des Lehrers für Philosophie und staatsbürgerliche Gesinnung, das in dem von der Französischen Gemeinschaft organisierten Primarschulwesen ausgeübt wird. Artikel 293sexies betrifft die Lehrer für nichtkonfessionelle Sittenlehre. Artikel 293septies betrifft die Lehrer für Religion.

    B.2.3. Artikel 293sexies fügt in den Königlichen Erlass vom 22. März 1969 « zur Festlegung des Statuts der Mitglieder des Direktions- und Lehrpersonals, des Erziehungshilfspersonals, des paramedizinischen Personals der staatlichen Einrichtungen für Vor-, Primar-, Förder-, Mittel-, technischen, Kunst- und Normalschulunterricht und der von diesen Einrichtungen abhängenden Internate sowie der Personalmitglieder des mit der Aufsicht über diese Einrichtungen beauftragten Inspektionsdienstes » ein Kapitel XIter ein. Dieses Kapitel XIter des vorgenannten Königlichen Erlasses vom 22. März 1969, das die Artikel 169ter bis 169sexies umfasst, stellt die erste angefochtene Bestimmung dar.

    Artikel 293septies fügt in den Königlichen Erlass vom 25. Oktober 1971 « zur Festlegung des Statuts der Primarschullehrer, Lehrer und Inspektoren für katholische, protestantische, israelitische, orthodoxe und islamische Religion in den Lehranstalten der Französischen Gemeinschaft » ein Kapitel Xbis ein...

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