Arrêt Nº 53/2014. Cour constitutionnelle (Cour d'Arbitrage), 2014-03-27

Date27 mars 2014
Docket NumberF-20140327-13
CourtCour constitutionnelle (Cour d'Arbitrage)
ÜBERSETZUNG
VERFASSUNGSGERICHTSHOF
[2014/202575]
Auszug aus dem Entscheid Nr. 53/2014 vom 27. März 2014
Geschäftsverzeichnisnummer 5643
In Sachen: Vorabentscheidungsfrage in Bezug auf Artikel 12 von Abschnitt IIbis («Besondere Regeln über die
Geschäftsmietverträge») von Buch III Titel VIII Kapitel II des Zivilgesetzbuches, gestellt vom Gericht erster Instanz
Mecheln.
Der Verfassungsgerichtshof,
zusammengesetzt aus den Präsidenten A. Alen und J. Spreutels, und den Richtern E. De Groot, L. Lavrysen,
J.-P. Moerman, E. Derycke und P. Nihoul, unter Assistenz des Kanzlers P.-Y. Dutilleux, unter dem Vorsitz des
Präsidenten A. Alen,
verkündet nach Beratung folgenden Entscheid:
I. Gegenstand der Vorabentscheidungsfrage und Verfahren
In seinem Urteil vom 28. Mai 2013 in Sachen der «Europabank»AG gegen die VoG «Sylva», dessen Ausfertigung
am 4. Juni 2013 in der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, hat das Gericht erster Instanz Mecheln folgende
Vorabentscheidungsfrage gestellt:
«Verstößt Artikel 12 des Geschäftsmietgesetzes gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, dahingehend
ausgelegt, dass ein Mieter durch den Erwerber der Immobilie, der eine natürliche Person ist, zur Räumung der
Mietsache gezwungen werden kann, damit dieser das vermietete Gut persönlich nutzt oder es auf diese Weise von
seinen Verwandten in absteigender Linie, seinen Adoptivkindern oder seinen Verwandten in aufsteigender Linie,
von seinem Ehepartner, von dessen Verwandten in absteigender Linie, Verwandten in aufsteigender Linie oder
Adoptivkindern nutzen lässt, oder es von einer Personengesellschaft, deren aktive Gesellschafter oder Gesellschafter,
die mindestens drei Vierteldes Kapitals besitzen, zum Vermieteroder zu dessen Ehepartner im selben Verwandtschafts-,
Verschwägerungs-oder Adoptionsverhältnis stehen, nutzen lässt, während der Erwerber, der eine juristische Person ist,
sich nicht auf diesen Artikel berufen könnte, um diese Immobilie von einer anderen juristischen Person als der
vorerwähnten Personengesellschaft oder von einer faktischen Vereinigung, mit der er eng verbunden ist, nutzen zu
lassen?».
(...)
III. Rechtliche Würdigung
(...)
B.1.1. Die Vorabentscheidungsfrage betrifft Artikel 12 von Abschnitt IIbis («Besondere Regeln über die
Geschäftsmietverträge») von Buch III Titel VIII Kapitel II des Zivilgesetzes (nachstehend: Geschäftsmietgesetz),
der bestimmt:
«Auch wenn im Mietvertrag eventuell die Möglichkeit einer Zwangsräumung für den Fall einer Veräußerung
vorgesehen ist, kann der Erwerber, der das gemietete Gut unentgeltlich oder gegen Entgelt erworben hat, den Mieter
nur in den in Artikel 16 Nrn. 1, 2, 3 und 4 aufgeführten Fällen zur Räumung zwingen, wenn er innerhalb von
drei Monaten nach dem Erwerb den Mietvertrag ein Jahr im Voraus kündigt, und zwar unter deutlicher Angabe des
Kündigungsgrunds; andernfalls droht der Verfall.
Das Gleiche gilt, wenn der Mietvertrag nicht von einem feststehenden Tagvor der Veräußerung datiert ist, falls der
Mieter das gemietete Gut seit mindestens sechs Monaten nutzt».
B.1.2. Artikel 16 des Geschäftsmietgesetzes, auf den in der fraglichen Bestimmung Bezug genommen wird,
bestimmt unter anderem:
«I. Der Vermieter kann aus einem der folgenden Gründe die Erneuerung des Mietvertrags verweigern:
1. sein Wille, das vermietete Gut persönlich und tatsächlich zu nutzen oder es auf diese Weise von seinen
Verwandten in absteigender Linie, seinenAdoptivkindern oder seinen Verwandten in aufsteigender Linie, von seinem
Ehepartner, von dessen Verwandten in absteigender Linie, Verwandten in aufsteigender Linie oder Adoptivkindern
nutzen zu lassen oder es von einer Personengesellschaft, deren aktive Gesellschafter oder Gesellschafter mit
mindestens drei Vierteln des Kapitals zum Vermieter oder zu seinem Ehepartner im selben Verwandtschafts-,
Verschwägerungs- oder Adoptionsverhältnis stehen, nutzen zu lassen,
[...]».
B.2. Der Gerichtshof wird gefragt, ob Artikel 12 des Geschäftsmietgesetzes vereinbar sei mit denArtikeln 10 und 11
der Verfassung, in der Auslegung, dass eine natürliche Person, die eine Immobilie erwerbe, den Geschäftsmieter zur
Räumung dieser Immobilie zwingen könne, um sie durch eine der in Artikel 16 I Nr. 1 des Geschäftsmietgesetzes
aufgezählten Personen nutzen zu lassen, während eine juristische Person, die eine Immobilie erwerbe, den Geschäfts-
mieter nicht zur Räumung dieser Immobilie zwingen könne, um sie durch eine andere juristische Person - die keine
Personengesellschaft sei - oder eine faktische Vereinigung, mit der die übernehmende juristische Person «eng
verbunden»sei, nutzen zu lassen.
B.3.1. Wie der Ministerrat bemerkt, ist die Antwort auf die Vorabentscheidungsfrage zur Lösung der Streitsache,
die das vorlegende Rechtsprechungsorgan beurteilen muss, eindeutig nur sachdienlich, insofern diese Frage sich auf
die Situation einer juristischen Person bezieht, die den Geschäftsmieter zur Räumung der Immobilie zwingen möchte,
um sie durch eine faktische Vereinigung,mit der die juristische Person «eng verbunden»ist, nutzen zu lassen. Die vor
dem vorlegenden Rechtsprechungsorgan anhängige Rechtssache betrifft nämlich eine Räumung durch eine juristische
Person zugunsten einer faktischen Vereinigung und somit nicht zugunsten einer anderen juristischen Person.
B.3.2. Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass das vorlegende Rechtsprechungsorgan eine «enge Verbin-
dung»zwischen der juristischen Person und der betreffenden faktischen Vereinigung aus dem Umstand ableitet,
dass die juristische Person durch die faktische Vereinigung gegründet wurde, die ebenfalls für die Finanzierung der
juristischen Person aufkommt, aus dem Umstand, dass der einzige Gesellschaftszweck der juristischen Person in der
Unterstützung der faktischen Vereinigung besteht, aus dem Umstand, dass die Mitgliedschaft der juristischen Person
die Mitgliedschaft der faktischen Vereinigung voraussetzt, aus dem Umstand, dass beide Einheiten durch dieselben
Personen geleitet werden und dieselbe Mehrwertsteuereinheit bilden, aus dem Umstand, dass das Vermögen der
juristischen Person bei der Auflösung auf die faktische Vereinigung übergeht und aus dem Umstand, dass beide
Einheiten denselben Gesellschaftssitz und dasselbe Logo haben.
B.3.3. Der Gerichtshof beschränkt seine Prüfung der Vorabentscheidungsfrage folglich auf die Situation einer
juristischen Person, die den Geschäftsmieter zur Räumung einer Immobilie zwingen möchte zugunsten einer
faktischen Vereinigung, mit der die juristische Person «enge Verbindungen»hat, wie in B.3.2 dargelegt wurde.
43736 BELGISCH STAATSBLAD 06.06.2014 MONITEUR BELGE

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